Recherche 20. Januar 2024, von Cornelia Krause

Steuerpläne der Regierung beunruhigen die Kirche

Finanzen

Der zweite Schritt der Steuervorlage 17 sieht eine erneute Senkung der Gewinnsteuer vor. Kritiker warnen davor, dass tiefere Einnahmen Einschnitte beim Angebot bedeuten könnten.

Angekündigt war der Schritt lange, doch nun wird es ernst: Die Zürcher Regierung will die Gewinnsteuern für Firmen weiter senken – von sieben auf sechs Prozent. Die Pläne, kritisiert von den Städten Winterthur und Zürich, sorgen auch in der reformierten Landeskirche für Unmut. Denn die Kirchgemeinden wurden zur im Sommer lancierten Anhörung der Finanzdirektion nicht eingeladen. «Obwohl wir von Steuersenkungen ebenso betroffen sind wie politische Gemeinden», sagt Kirchenrätin Katharina Kull-Benz, zuständig für die Finanzen.

Konkret geht es um den zweiten Schritt der Steuervorlage 17, die vor vier Jahren vom Volk beschlossen wurde. Die Vorlage sah erst eine Senkung der Gewinnsteuern von acht auf sieben Prozent vor, diese wurde ab 2021 umgesetzt. 2025 sollen die Steuern erneut um ein Prozent sinken. Gleichzeitig soll die Teilbesteuerung von Dividendenerträgen aus qualifizierten Beteiligungen steigen. Weil Kirchensteuern, die juristische Personen bezahlen müssen, von den Steuereinnahmen abhängen, sind die Kirchen direkt betroffen.

Die Angst der Städte

In eiligen Briefen an die Finanzdirektion äusserten sich kurz vor Ende der Anhörung der Kirchenrat, die Kirchgemeinde Zürich und der Winterthurer Stadtverband. Die Mehrerträge aus der höheren Besteuerung von Dividenden würden die Mindererträge bei den Gewinnsteuern nicht kompensieren, schrieb Res Peter, Vizepräsident der Kirchenpflege der Kirchgemeinde Zürich. Diese befürchtet ab 2026 eine Reduktion des Nettosteuerertrags von mindestens 4,4 Millionen Franken pro Jahr – ein Rückgang von rund zehn Prozent.

Der Stadtverband Winterthur erwartet einen Minderertrag von rund 0,7 Millionen Franken im Jahr. Für sämtliche Kirchgemeinden im Kanton schätzt der Kirchenrat eine Reduktion um 9,8 Millionen Franken. Die Annahme basiert auf den Rechnungszahlen von 2022, sie geht von unveränderten Faktoren aus. Kirchgemeinde Zürich und Stadtverband Winterthur forderten, von der Steuersenkung abzusehen. Res Peter warnte vor «fatalen Folgen», etwa vor Kürzungen bei der Jugendarbeit oder der Kirchenmusik.

Unabhängig von dieser Senkung müssen wir langfristig mit tieferen Steuereinnahmen von natürlichen Personen rechnen.
Katharina Kull-Benz, Kirchenrätin

Kull-Benz, langjährige FDP-Politikerin, lehnt eine Senkung der Gewinnsteuer, die Zürich im Steuerwettbewerb mit anderen Kantonen attraktiver machen soll, nicht ab. Sie fordert aber eine Übergangsbestimmung, so wie zum ersten Schritt der Steuervorlage 17. Schon damals seien die Kirchen nicht zur Vernehmlassung eingeladen worden, erklärt Kull-Benz. Gemeinsam mit der katholischen Körperschaft habe man sich dennoch mit der Finanzdirektion auf eine Übergangsbestimmung, ähnlich jener für politische Gemeinden, geeinigt. Noch bis 2025 erhalten die Landeskirchen je 2,5 Millionen Franken als Kompensation.

Auf Anfrage heisst es bei der Finanzdirektion, die Unterstützungsleistung der Landeskirchen für die Mindereinnahmen seien schon mit dem ersten Schritt vollumfänglich beschlossen und besprochen worden. Dies sei auch der Grund, warum die Kirchen nicht zur jüngsten Anhörung eingeladen worden seien. Und: «Anders als beim ersten Schritt der Steuervorlage 17 ist beim zweiten Schritt nicht mit deutlichen Ertragseinbussen bei den Kirchensteuern zu rechnen.» Tatsächlich haben sich Befürchtungen langfristiger Mindereinnahmen bisher nicht bewahrheitet. 2022 waren die Kirchensteuereinnahmen auf den gesamten Kanton gesehen wieder auf dem Niveau von 2019. Die Rückgänge in den Jahren dazwischen dürften nicht zuletzt auf schlechter laufende Geschäfte während der Corona-Pandemie zurückzuführen sein. «Aber natürlich gab es damals auch Kirchgemeinden, die Einbussen hatten», sagt Kull-Benz.

Neue Einnahmequellen

Dass es nicht zum grossen Einbruch bei den Unternehmenssteuern kam, dürfte insbesondere auf die stabile Wirtschaftslage sowie auf Firmengründungen zurückzuführen sein. Auf dynamische Effekte wie diese hofft der Regierungsrat bei der zweiten Senkung des Steuersatzes erneut. Seinen Antrag hat er zuhanden des Kantonsrats verabschiedet. Eine Kompensationsregelung fehlt. Um eine solche doch noch zu erlangen, wäre im Kantonsparlament ein entsprechender Antrag nötig.

Sollten die Steuereinnahmen sinken, gilt eine Steuererhöhung für natürliche Personen in der Kirche kaum als probate Gegenmassnahme. Auch weil sich der Mitgliederschwund, im Schatten der Debatte über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, beschleunigt hat. Um die Kirche zukunftsfähig zu machen, sucht Kull-Benz neben Sparpotenzial nach neuen Finanzierungsmodellen wie Fundraising. «Unabhängig von dieser Senkung müssen wir langfristig mit tieferen Steuereinnahmen von natürlichen Personen rechnen.»