Recherche 12. Dezember 2023, von Mirjam Messerli

Berner Regierung prüft freiwillige Kirchensteuer

Kirchensteuer

Die Regierung des Kantons Bern prüft, welche Folgen es hätte, wenn Firmen selber entscheiden könnten, ob sie Kirchensteuern bezahlen wollen. Das Parlament entscheidet im Frühjahr.

36,8 Millionen Franken Steuern haben die Kirchgemeinden im Kanton Bern im Jahr 2021 von Firmen eingenommen. Diese sogenannt juristischen Personen bezahlten die Kirchensteuer nicht freiwillig, sondern sind – wie in 14 weiteren Kantonen – im Kanton Bern dazu verpflichtet. Geht es nach einer Gruppe von Mitgliedern des Grossen Rates, soll sich das ändern: Unter der Federführung des Thuner FDP-Grossrats Carlos Reinhard verlangen Parlamentarierinnen und Parlamentarier von SVP, FDP und den Grünliberalen, dass die Kirchensteuer für Unternehmen freiwillig wird. Sie haben eine entsprechende Motion eingereicht (wir berichteten).

Nun haben die Motionärinnen und Motionäre einen Teilerfolg erzielt. Wie aus einer Antwort der Kantonsregierung hervorgeht, ist sie bereit zu prüfen, ob die Kirchensteuer für juristische Personen künftig freiwillig sein soll. Sie will den Vorstoss als Postulat entgegennehmen. Der Grosse Rat wird voraussichtlich in der Frühlingssession 2024 darüber diskutieren und entscheiden.

Für die Kirchen ergäben sich schmerzliche Einbussen. Unternehmen im Kanton Bern würden hingegen einen Wegfall der Kirchensteuer teilweise kaum spüren.
Reformierte Kirche Bern-Jura-Solothurn

Bereits der Vorstoss wurde bei der Kirche mit grosser Sorge registriert: «Für die Kirchen ergäben sich schmerzliche Einbussen. Unternehmen im Kanton Bern würden hingegen einen Wegfall der Kirchensteuer teilweise kaum spüren», betont die Medienstelle der reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn (Refbejuso).

Auch die Kantonsregierung gibt in ihrer Antwort zu bedenken, dass die Kirche ihre Leistungen – etwa zugunsten von Kindern und Jugendlichen, Armutsbetroffenen und Betagten – deutlich reduzieren müsste, sollte die Kirchensteuer von Unternehmen wegfallen. Dennoch ist der Regierungsrat bereit, die Änderung zu prüfen. Der Hauptgrund dafür: Die religiöse Landschaft des Kantons Bern habe sich stark verändert.

Religionslandschaft hat sich verändert

Die obligatorische Kirchensteuer von juristischen Personen komme nach wie vor vollständig den Kirchgemeinden der öffentlich anerkannten Landeskirchen zugute. Doch 38 Prozent der Berner Bevölkerung seien konfessionslos oder gehörten einer Religionsgemeinschaft an, die nicht als Landeskirche anerkannt sei, heisst es in der Antwort der Kantonsregierung.

Überprüft werden sollen nun als nächstes die detaillierten finanziellen, juristischen und sozialen Folgen des Vorstosses. Die Kantonsregierung weist zudem darauf hin, dass für die Umsetzung eine Verfassungsänderung nötig sein könnte. In diesem Fall hätte das Volk das letzte Wort zu dem Thema.

Im Berner Kantonsparlament wurde in den letzten Jahren mehrfach über eine Änderung der Kirchensteuerpflicht für Unternehmen diskutiert. Die verschiedenen Vorstösse wurden jedoch entweder abgelehnt oder zurückgezogen.

Schweizweit haben aktuell 15 Kantone eine Kirchensteuerpflicht für juristische Personen. Eine freiwillige Abgabe gibt es in den Kantonen Neuenburg und Tessin.