Recherche 07. April 2018, von Rita Gianelli

Ein Mann für alle Kirchenfälle

Verwaltung

Die Arbeit eines Kirchenratsaktuars ist vielseitig. Peter Wydler gab für dieses Amt, das er seit Dezember inne hat, seine Bergpfarrerstelle in Bivio auf.

Die «Schaltzentrale» der Bündner Landeskirche ist ein Flachdachgebäude aus den Siebzigern. Sie beherbergt an der Loëstrasse 60 mehrere Fachstellen. Zum Beispiel die Stelle für Religionspädagogik, Gemeindeentwicklung, auch die Finanzverwaltung ist hier untergebracht. Gleich neben dem Empfang, hat Peter Wydler sein Büro: grauer Spannteppich, Metallregal, Schreibtisch, alles ordentlich aufgeräumt und praktisch eingerichtet. In einer Ecke liegt Zeus, der zehnjährige Labrador, und schläft auf seiner zerknüllten Decke. «Ihn mitzunehmen, war die beste Lösung», sagt Peter Wydler und lässt sich in seinen Bürostuhl zurückfallen, «meine Frau arbeitet auswärts, die Kinder sind ausgeflogen.»

Kirchliche Klagemauer

Seit zwei Monaten amtet der Pfarrer als Kirchenratsaktuar. Neu sind ihm die Aufgaben nicht. Bereits im Kanton Thurgau, wo er 21 Jahre als Pfarrer arbeitete, war er langjähriges Mitglied des Kirchenparlaments und übte verschiedene Ämter aus. Zuletzt präsidierte er die Evangelische Synode im Thurgau. Aber was macht eigentlich ein Kirchenratsaktuar? «Er hat ein offenes Ohr für alle», sagt Peter Wydler, «und manchmal ist er auch Klagemauer.» Für ihn sei die Arbeit als Kirchenratsaktuar ist nicht bloss ein Verwaltungs-Job, sondern eine Aufgabe. Es brauche nebst juristischen Kenntnissen Einfühlungsvermögen, manchmal auch Seelsorge, um Lösungen zu finden. Der Kirchenratsaktuar berät Vorstände bei der Einstellung neuer Mitarbeiter, hilft bei Stellenausschreibungen oder beantwortet arbeitsrechtliche Fragen. Er ist das Bindeglied zwischen Kirchenrat und Kirchenmitgliedern und verantwortet auch den Amtsbericht des Kirchenrates. «Ausserdem bin ich auch unterwegs.» Gerade auch nach Kirchgemeindefusionen. Da komme viel Unbekanntes auf die Menschen zu, das Tagesgeschäft müsse neu strukturiert werden. Kürzlich habe man ihn um eine Einführung in das Jahresplanungstool gebeten. «Obwohl ich verschiedenste Dienste leiste, ist die Kirche kein Dienstleistungsbetrieb; für jedes Problem braucht es eine Lösung, die den Umständen gerecht wird.»

Grüssende Kinder

Peter Wydler wirft kurz einen Blick auf seinen Hund. Mehrmals sind die beiden schon umgezogen. Nach seinem Wegzug aus Frauenfeld, war er sieben Jahre Pfarrer im Surses. «Diese Bergler sind um einiges weltoffener als manche Unterländer», sagt er rückblickend. Bivio zu verlassen, sei ihm nicht leicht gefallen. Grüssende Kinder auf der Strasse, aber auch die Vielsprachigkeit werden ihm wohl fehlen. Als Student beherrschte er alle Landessprachen. «In Bivio konnte ich bis auf Französisch alle anwenden.»

Zeus ist aufgewacht und blickt seinem Herrchen nach, der sich zum Fenster hin bewegt. Randulinas, wie die Schwalben in Romanisch heissen, schmücken die Scheiben. So nennen die Romanen die Ausgezogenen. «Sich niederlassen in der Fremde, Auskommen und Glück suchen, um später wieder heimzukehren, wie die Randulinas, das trifft auch meine Situation», sagt der Thurgauer.

Peter Wydler, 58

Der waschechte Thurgauer wuchs in Kreuzlingen und Frauenfeld auf. Sein Theologiestudium absolvierte er in Zürich und Genf. Einer seiner Schwerpunkte war Kirchengeschichte der Reformationszeit. Nebst seiner Pfarrtätigkeit war er Mitglied der Evangelischen Synode des Kantons Thurgau, wo er in verschiedenen Funktionen mitwirkte. Peter Wydler ist verheiratet und Vater dreier erwachsener Kinder.