Recherche 28. November 2019, von Rita Gianelli

«Musik kennt keine Konfessionen»

Glauben

Annemarie Widmer aus Paspels erinnert sich an den Konfirmationsgottesdienst - ungern.

«Mein ganzes Leben schon begleitet mich der Glaube. Und mit ihm das Problem der Konfessionen. Meine katholische Grossmutter heiratete einen reformierten Mann, was  zu Abneigung und sogar Streit führte. Heute leben die Konfessionen friedlich nebeneinander. Als Reformierte bin ich Organistin in vier katholischen Kirchen. Das hat sich einfach so ergeben. Musik kennt eben keine Konfessionen. Sie spricht direkt zur Seele. Ich distanziere mich von den Menschen, die behaupten, ihr Glaube sei der richtige. Für mich zählt vielmehr das gegenseitige Wohlwollen. Das ist für mich der Sinn und die Schönheit des Lebens.

Eine Rolle gespielt

Schon als Kind liebte ich den Kirchenraum. Er lässt mich frei atmen, gibt mir Platz und Stille für meine Gedanken. Vielleicht galt ich deshalb als braves Kind, weil ich gerne zur Kirche ging. Dabei fällt mir ­eine Episode aus meiner Jugend ein. An meinem Konfirmationsgottesdienst trug ich einen Text vor und fühlte mich dabei äusserst unwohl. Mir war, als spielte ich eine mir zugeschriebene Rolle. Ehrlichkeit ist zentral im Glauben. Ich habe immer meinen eigenen Weg gesucht. Vieles hinterfragt. Das Gottvertrauen verlor ich nie. Auch nicht, als es mei­nen Eltern schlecht ging. Von Gott habe ich kein Bild. Er steht für mich weit über allem. Mit dem Verstand kann ich ihn nicht begreifen. Aber ich fühle mich geführt.»