Recherche 03. Dezember 2019, von Katharina Kilchenmann

Reformierte Kirchen im Sparmodus

Landeskirchen

Um die Finanzen etlicher Kirchen in der Schweiz steht es schlecht. Während die einen über Reserven verfügen, müssen andere ziemlich drastisch sparen.

Weniger Mitglieder heisst auch weniger Geld. So geraten durch die vielen Austritte einige Kirchen in finanzielle Schieflage. Seit 2017 gibt es in der Schweiz mehr Konfessionslose als Reformierte. Die kantonalen Unterschiede sind gross – in Basel ist jeder Zweite ohne deklarierte Glaubensrichtung, im Kanton Uri nur jeder Zehnte.

Ausverkauf in Basel-Stadt

In der evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt ERK sind die Mitgliederzahlen besonders drastisch eingebrochen: Seit 1970 hat die ehemalige Basler Staatskirche rund drei Viertel ihrer Mitglieder verloren. Heute sind die Reformierten im Stadtkanton mit 15,8 Prozent nur noch die drittgrösste Gruppe, hinter den Konfessionslosen und den Katholiken. Dazu kommt, dass sie weder vom Staat noch von der Wirtschaft Geld bekommen und zudem einige Kirchen besitzen, die baufällig sind und unter Denkmalschutz stehen.

Das Finanzdefizit steigt laufend an. Deshalb wurden nun vier Pfarrhäuser für eine nicht-kirchliche, also kommerzielle Nutzung freigegeben. «Die ehemaligen Pfarrhäuser wurden an die Bau- und Vermögensverwaltung BVV übertragen», erläutert Matthias Zehnder, Kommunikationsbeauftragter der ERK. «Und der Ertrag aus den Liegenschaften kommt nun der Gesamtkirche zugute. Darüber sind wir sehr froh.» 

Kaum noch Einnahmen in Genf

Die Entkirchlichung geht in den Städten schneller voran als in ländlichen Gebieten, das zeigt die Statistik. So haben nicht nur in Basel, sondern auch im Kanton Genf besonders viele Menschen die Kirche verlassen. Hier kommt erschwerend dazu, dass keine Kirchensteuern erhoben werden. Die «Eglise Protestante de Genève» ist auf Spenden angewiesen – und ihre Einnahmen gehen ständig zurück. Ohne die Erträge aus den Liegenschaften wäre die Situation prekär.

Dramatisch ist die Situation auch im Aargau: Weil die Besucherzahlen zurückgehen, können dort nicht mehr alle vorgeschriebenen Gemeindegottesdienste durchgeführt werden. «Leider haben wir kein Geld mehr für die nötigen Pfarrstellenprozente», sagt David Lentzsch von der Arbeitsgruppe Gottesdienst des Aargauischen Kirchenrats.

Komfortable Situation im Kanton Bern

Ganz anders sieht es im Bernbiet aus. Auch hier ist der Mitgliederschwund markant. Trotzdem sind die Reformierten mit Abstand die grösste Glaubensgemeinschaft und machen immer noch etwas mehr als die Hälfte der Bernischen Bevölkerung aus.

Die Situation für die Berner Kantonalkirchen sei nach wie vor stabil, sagt Martin Koelbing, Beauftragter für kirchliche Angelegenheiten. «Sie können sich nicht beklagen, die Leute sind immer noch ziemlich stark mit der Kirche verbunden, und an den kantonalen Zahlungen ändert sich auch mit dem neuen Besoldungssystem für die Pfarrerinnen und Pfarrer nichts, das 2020 in Kraft tritt.»

Tatsächlich unterstützt der Kanton die drei Landeskirchen finanziell im bisherigen Umfang: Für die Reformierten sind das rund 60 Millionen pro Jahr. Auch die Tatsache, dass die Kirchensteuern gleichzeitig mit den Staats- und Gemeindesteuern abgerechnet werden, sei ein Vorteil, betont Koelbing. «So zahlen auch kirchenferne Mitglieder ihren Beitrag, und dank der Kirchensteuern für juristische Personen tragen die Unternehmen mit. Für sie ist klar, dass sie das soziale Engagement der Landeskirchen unterstützen wollen.»

Graubünden in ruhigen Gewässern

Ebenso im Kanton Graubünden: Obwohl auch hier die Zahl der Konfessions-losen stetig steigt, sei die finanzielle Situation der 79 Kirchgemeinden momentan stabil, meint der Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Andreas Thöny auf Anfrage. «Trotz leichtem Mitgliederrückgang von 0.5 bis 1 Prozent pro Jahr ist der Beitrag der Landeskirche an die finanzabhängigen Kirchgemeinden sogar leicht gesunken», betont er. Das heisst also: Vorläufig reicht das Geld, um das kirchliche Leben finanziell zu unterstützen.