Recherche 10. August 2020, von Cornelia Krause

Religiöse Gemeinschaften wegen Corona in Finanznot

Pandemie

Während des Lockdowns wurde weniger gespendet. Das macht den nicht anerkannten Religionsgemeinschaften schwer zu schaffen.

Der Lockdown und die weiterhin wegen des Coronavirus bestehenden Einschränkungen haben Religionsgemeinschaften im Kanton Zürich in finanzielle Nöte gebracht. «Viele der Religionsgemeinschaften sind in einer notorisch prekären Lage», sagt Mirjam Läubli, Geschäftsführerin des Zürcher Forums der Religionen. Jetzt wirke die Pandemie «wie ein Brennglas und macht diese Schwierigkeiten sichtbar». 

Insbesondere die vom Staat nicht anerkannten Gemeinschaften haben stark zu kämpfen, denn sie sind ausschliesslich auf Mitgliederbeiträge oder Spenden angewiesen. Bei den Muslimen fiel der Fastenmonat Ramadan zudem mitten in den Lockdown. «Ramadan ist für Spenden der wichtigste Monat, etwa die Hälfte der jährlichen Spenden werden in dieser Zeit bei Besuchen der Moscheen generiert», sagt Muris Begovic von der Vereinigung der Islamischen Organisationen im Kanton Zürich (Vioz). Weil die Moscheen geschlossen waren, hätten einige Vereine Finanzlöcher von mehreren zehntausend Franken. Auch die orthodoxen Christen spüren deutliche Rückgänge. Die diesjährigen Einnahmen dürften um bis zu 15 Prozent unter Vorjahr liegen, sagt Daniel Schärer von der Russisch-orthodoxen Gemeinde.

Die Corona-Pandemie ist finanziell eine Katastrophe.
Mistre Haile Selassie, Vertreter der äthiopisch-orthodoxen Gemeinde

Besonders hart getroffen sind die Äthiopisch-Orthodoxen. «Die Corona-Pandemie ist finanziell eine Katastrophe», sagt der Vertreter der Gemeinde, Mistre Haile Selassie. Er hat nun die Mitgliederbeiträge erhöht, um das Loch etwas zu stopfen. «Lange können wir uns so aber nicht halten.» Viele Mitglieder hätten niedrige Einkommen, seien bereits auf Kurzarbeit oder befürchteten, ihre Arbeit zu verlieren. Hinzu kommt: Die bisher genutzte Kapelle ist zu klein zum Abstandhalten. Ein grosser Saal kostet mehr Geld, ist aber die einzige Möglichkeit, um mehr Spenden zu generieren.

Mieten und Personalkosten

Ausfälle infolge von Schliessungen während des Lockdowns verzeichneten auch die hinduistischen Tempel, bestätigt Satish Joshi vom Dachverband für Hinduismus in der Schweiz. Bereits vor der Pandemie hatten einzelne Tempel Schwierigkeiten, der Tempel in Dürnten stand im Februar vor dem Aus. Die Ausgaben der Gemeinschaften bestehen in der Regel aus Mieten und Personalkosten. Viele haben einen Prediger, mancherorts Diakone oder Verwaltungsangestellte. Vereinzelt konnten für sie Kurzarbeitsanträge gestellt werden.

Zuständigkeit oft unklar

In ihrer Not haben sich einzelne Gemeinschaften an den Kanton gewandt. Dort seien Hilfsgesuche eingetroffen, bestätigt die Direktion der Justiz und des Innern gegenüber «reformiert.». Doch der Kanton sieht sich nur bedingt in der Pflicht. Der Regierungsrat hat jüngst den Beschluss gefasst, dass gemeinnützige Vereinigungen mit dem Zürcher Lotteriefonds unterstützt werden können. Dies gilt auch für religiös tätige Vereine. Allerdings mit einer gewichtigen Einschränkung: Die Gemeinschaften müssen mindestens regional tätig sein. Hilfen für lokale Vereine liegen in der Verantwortung der Gemeinden. Die Abgrenzung zwischen regional und lokal dürfte zur Herausforderung werden.

Hilfe der Kirchen möglich

In Absprache mit den Behörden wäre die reformierte Landeskirche bereit, Abklärungen über Finanzhilfen zu treffen. Dafür brauche es aber Angaben zu Bedarf sowie Vergabekriterien, sagt Sprecher Nicolas Mori. Voraussetzung sei zudem ein gemeinsames Vorgehen mit der katholischen Kirche. Deren Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding erklärt, sie sei gerne bereit, Hilfsgesuche zu prüfen. Hoffnung setzen viele Betroffene auf Herbst und Winter. Dann wird das Parlament über einen teilweisen Mietzinserlass für Geschäftsmieten während des Lockdowns entscheiden. Für die Gemeinschaften wäre das eine Entlastung.