Viel deutet nicht darauf hin, dass die Synagoge in Basel streng bewacht wird: ein Zaun, dahinter eine Glasbox, in der ein Mann in Alltagskleidung sitzt. Ein kurzes Surren, das Tor öffnet sich. Auf dem Vorplatz stehen Rita Famos und Ralph Lewin, die beiden frisch Gewählten.
Anfangs seien die Eingangskontrollen etwas bedrückend gewesen, sagt Ralph Lewin, der Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG). Inzwischen hat er sich daran gewöhnt. «Die Sicherheitsmassnahmen sind leider nötig.» Sie wurden noch vor dem Attentat in Wien verstärkt. Laut Nachrichtendienst besteht auch in der Schweiz erhöhte Terrorgefahr. «Das ist bedrohlich und höchst bedauerlich», sagt Rita Famos. Sorge bereitet der neuen Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) auch die Zunahme antisemitischer Tendenzen, die sich besonders in den sozialen Medien im Zusammenhang mit diversen Verschwörungstheorien rund um die Pandemie etablierten.
Antisemitismus auch in der Schweiz
Famos verweist auf die Kampagne «Stop Antisemitismus» der Stiftung gegen Rassismus und Anti-semitismus, die von der Zürcher Landeskirche oder auch der Vereinigung Islamischer Organisationen in Zürich unterstützt wird. Lewin sagt, persönlich habe er, abgesehen von einer massiven Beleidigung als Schüler und einem aggressiven anonymen Brief, keine Anfeindungen erlebt. «Diese Erlebnisse haben jedoch in mir Spuren hinterlassen.»
Beim Rundgang durch die Synagoge ist Rita Famos beeindruckt von den bunt verglasten Fenstern, der bemalten Kuppel, dem mächtigen Lesepult, das mitten im Raum steht. Die 54-jährige Theologin war 18 Jahre Gemeindepfarrerin, ab 2013 leitete sie die Spezialseelsorge der Zürcher Landeskirche. Am 2. November wurde sie als erste Frau an die Spitze der EKS gewählt. Neben der Repräsentation der Reformierten nach aussen will Famos vor allem den inneren Zusammenhalt stärken. «Als Präsidentin ist es meine Aufgabe, die Bedürfnisse aller Mitgliedskirchen im Blick zu haben und Brücken zu bauen.»