Recherche 25. November 2021, von Mayk Wendt

Der Weihnachtsstern leuchtet am Bündner Himmel

Astronomie

Der Bündner Nachthimmel leuchtet heller als anderswo. Mit etwas Glück ist zur Adventszeit der «Weihnachtsstern» zu sehen.

Als die Drei Könige aus dem Morgenland in Richtung Westen nach Betlehem zogen, sahen sie einen Stern aufgehen, der ihnen die Geburt Jesu prophezeite. Die Rede ist vom «Weihnachtsstern» oder vom «Stern von Betlehem». «Seit der Antike versucht die Forschung zu klären, worum es sich beim Dreikönigsstern handelt», erklärt Walter Krein, Leiter der Sternwarte Academia in Samedan. Auf Abbildungen ist der Stern oftmals mit einem Schweif zu sehen. «Das deutet auf einen Kometen hin», so Krein. Eine andere Theorie geht von einer grossen Konjunktion von Jupiter und Saturn aus. Anhand von Computersimulationen habe diese um 7 vor Christus stattgefunden. «Letztes Jahr waren die beiden Planeten von der Erde aus als ein Stern zu sehen», erklärt Martin Jäger. Jäger ist bei der Sternwarte Mirasteilas in Falera, zusammen mit 25 weiteren Personen, für die öffentlichen Führungen verantwortlich. «Himmelsobjekte und die helleren Sterne wurden immer mit Gottheiten in Verbindung gebracht», sagt Jäger, der auch Sozialdiakon in der reformierten Kirche Chur ist.

Dunkelheit ist ein Segen
Klar ist in jedem Fall, dass Graubünden zu den dunkelsten Regionen in Mitteleuropa zählt. «Jupiter, Mars und Venus sind deshalb ohne Hilfsmittel gut sichtbar», sagt Krein. Dieses Jahr stehen die beiden Planeten Jupiter und Saturn sehr nahe beieinander, ähnlich der Konjunktion aus den Jahren um Christi Geburt. «Das ist natürlich sehr besonders», erklärt Jäger. Hinzu kommt, dass Astronomen für die diesjährige Adventszeit einen Kometen namens Leonard angekündigt haben. In den frühen Morgenstunden um den 12. Dezember hat man die beste Chance, den Himmelskörper zu sehen. Dazu sollte man in östlicher bis nordöstlicher Richtung blicken. Krein weist aber darauf hin, dass es gerade bei Kometen schwierig sei, präzise Vorhersagen zu machen: «Veränderungen sind immer möglich.» Die nächste Möglichkeit für eine Beobachtung des Kometen Leonard böte sich allenfalls wieder in 80 000 Jahren. Ein Highlight im Dezember sind alle Jahre wieder die Geminiden. Dieser Meteorenschauer sorgt für rund 140 Meteore pro Stunde. Die lange Dunkelperiode  im Dezember erlaubt es, gleich sechs Planeten zu erkennen: Merkur, Venus, Uranus, Mars, Neptun und Jupiter. Doch weil der Mond zunehmend ist, sind sie wahrscheinlich schlecht sichtbar. «Der 19. Dezember steht im Zeichen des Vollmondes», sagt Jäger. Dennoch lohne sich der Blick nach oben, ob in Samedan oder in Falera, sind sich Krein und Jäger einig. Für Beoachtungen sollte man ein paar Dinge beachten: «Fremdlicht von Strassenbeleuchtungen oder Skigebieten ist ungünstig», so Jäger. Neben der Sternwarte Mirasteilas und der Sternwarte im Engadin sind die Alp Danusa oberhalb Grüsch sowie die Fideriser Heuberge geeignet. In Churer Nähe bietet sich der Dreibündenstein an. Gute Bedingungen gibt es auch auf dem Ofenpass und bei der Bergstation Diavolezza am Berninapass.

Näher an den Sternen
«In Bergkantonen ist die Luft zudem trockener», so Krein. Auch das sei ein Segen für (Hobby-)Astronomen. «Die Luftfeuchtigkeit und der Dunst im Unterland spiegeln das Kunstlicht der Agglomerationen zu stark. Ausserdem ist man die entscheidenden Meter näher an den Sternen», erklärt Krein mit einem Lächeln, meint es aber ernst. Neben warmer Kleidung und gutem Schuhwerk ist es vorteilhaft, die Augen mindestens eine Stunde vor der geplanten Beobachtung an die Dunkelheit der Nacht zu gewöhnen. «Smartphone oder Computer sollten gemieden werden», rät Jäger. Denn dann erst ist auch das «Lachen der Sterne» zu hören, das die Engadinerin Gianna Olinda Cadonau beschreibt: «Sun chaminada /I’l infinit da la not / N’ha tadlà / Il rier da las stailas».

www.sternwarte-academia.ch
www.mirasteilas.ch