Recherche 31. August 2020, von Delf Bucher

Ein Wochenende nur mit Papa

Familie

Zum Camping-Wochenende eines Zürcher Kirchenkreises sind Väter mit ihren Kindern allein unterwegs. Die klassischen Rollenmuster geraten dabei auf beiden Seiten ins Wanken.

Plitsch-Platsch spritzt das Wasser auf. Die Wippe schnellt hoch und senkt sich. Die Kinder jauchzen. Die 20 Väter sind mit ihren 44 Kindern nach Uri aufgebrochen, um am Seelisberg-See ihr Vater-Kind-Wochenende zu verbringen. 

​ Die Pflicht macht Pause

Ivo Torelli hat das idyllische Fleckchen bei einem Einsatz für die Berghilfe für sich entdeckt. Auf seine Anregung hin zieht es nun schon im fünften Jahr Väter aus dem Zürcher Kirchenkreis drei mit ihrem Nachwuchs dorthin. Vater-Kind-Anlässe sind eine Spezialität des Kirchenkreises, betont der Pfarrer Christoph Walser: «Das Wochenende bietet die Chance, dass sich die Väter nicht als Pflichtmänner, Berufsmänner und Kämpfer zeigen, sondern die Kinder sie mal mit viel Zeit und ganz präsent als Väter erleben.» 

Jokertage für die Mütter

Als Pfarrer hat Walser nur eine Nebenrolle. Organisatorisch sind in erster Linie Ivo Torelli und Armon Fortwängler für die Vater-Kind-Angebote verantwortlich. Und schon kommt Fortwänglers Tochter herbeigeeilt und will mit Sonnencrème eingeschmiert werden.  

Eine Steilvorlage für den Vater, den Sinn des Wochenendes zu erklären: «Hier rennen die Kinder nicht zuerst zur Mami, sondern zum Papi.» Der Anspruch, noch bestehende Rollenmuster aufzubrechen, schwingt mit. Und die Mütter hätten zwei Tage ohne familiäre Verpflichtungen, sagt Fortwängler.

Der Zauber der Landschaft, der See mit Badeinsel und Booten bieten auch ohne strukturiertes Programm eine reiche Palette für spontane Aktivitäten. Denn das Planen und Strukturieren, das den Alltag vieler Männer prägt, soll an diesem Wochenende ein Tabu sein. 

Gemeinschaftlicher Anker des Wochenendes ist das abendliche Lagerfeuer. Während die Kinder spielen, tauschen sich die Männer aus. Themen des Vaterseins, Probleme in Beruf oder Ehe, auch Small Talk und Politisches: Alles findet in diesen Gesprächen seinen Platz. Am nächsten Morgen: Das gemeinsame Zmorge ist längst weggepackt, die Kinder tollen auf dem Beachvolleyplatz herum. Die Älteren spielen -eine Mischung aus Rugby und Handball. «Kommt, jetzt spielen wir richtig Rugby», ruft ein Vater. Nun gilt es, nach Regeln um den Ball zu kämpfen. «Wenn einer Stopp sagt, bedeutet das aufhören», sagt der väterliche Coach bestimmt, um einen Jungen aus dem Geknäuel von Körpern zu befreien.

Nicht weit entfernt zerschneidet Reto Zuberbühler in rasantem Tempo Frühlingszwiebeln. Begeistert helfen die Kinder mit. Sie werfen die Zutaten für die Spaghettisauce in den Kessel über dem Feuer. «Vorsicht beim Rühren», ermahnt sie der gelernte Koch Zuberbühler. 

Zurück zum biblischen Vater

Später sitzen auch Pfarrer Christoph Walser und seine beiden Töchter im Schatten und essen Pasta. Mit seiner Männerarbeit hat Walser für die Zürcher Landeskirche in den Nuller-Jahren einiges bewegt. Wenn er auf die frühere Männer-arbeit zurückblickt, kommt ihm in den Sinn: «Damals standen mehr die Wüstenväter, die männlichen Singles, im Blickpunkt.»  

Dagegen spiele der Abba, wie Gott auf Aramäisch heisst, also der gütige Vater, bis heute eine viel zu kleine Rolle in der christlichen Spiritualität. Für den Theologen ist dies schlicht kurios. Denn schliesslich bilde doch die Vater-Sohn-Beziehung und somit die Verbindung von Gott und Jesus, die zentrale Achse im Evangelium.