«Der Schrecken der letzten Monate steckt uns noch tief in den Gliedern», sagt Winfrid Pfannkuche. Der Pfarrer der Waldenserkirche in Bergamo beobachtet, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt nur zögerlich wieder aus dem Haus gehen. Zu gross sei die Angst vor einer neuen Ansteckungswelle. Jeder hat Verwandte oder kennt jemanden, der an Corona erkrankte.
Ältere Menschen im Gang abgestellt
Mit mehr als 83 000 Infizierten und über 15 000 Toten war die Lombardei von allen Regionen in Italien am stärksten betroffen. Die Provinz Bergamo konnte ab Mitte März die Toten nicht mehr selbst kremieren. Militär-Konvois brachten die Särge in andere Regionen. Allein im Altersheim der protestantischen Gemeinde der Waldenser in Bergamo starben 22 von 60 Bewohnern. Immerhin konnte der Heimarzt die Sterbenden dort palliativ begleiten.
«Vielerorts wurden die alten Menschen alleine gelassen», berichtet Pfannkuche. Es fehlte an Personal und Schmerzmitteln. «In den Spitälern wurden die alten Menschen einfach in den Gängen abgestellt, während die jüngeren Corona-Patienten ein Bett auf der Intensivstation erhielten.» Das Schwierigste für Pfannkuche in diesen Monaten war, die Kranken nicht besuchen zu dürfen. «Wir mussten nun lernen, dass Nächstenliebe bedeutet, auf Distanz zu bleiben.» Wenn möglich betete Pfannkuche mit Sterbenden am Telefon. Intensiver als sonst sei die Seelsorge mit trauernden Angehörigen gewesen. «Statt der drei Besuche in normalen Zeiten telefonierte ich mit ihnen täglich.»