Recherche 04. Januar 2022, von Constanze Broelemann, Nicola Mohler, Marius Schären, Angelika Weber/Mission 21

Booster der Hoffnung gegen Angst und Ungewissheit

Neujahr

Konflikte, Ungerechtigkeit, Corona, Klimakrise: In dieser Welt den Mut nicht zu verlieren, ist schwer. Von «reformiert.» befragte Menschen erzählen, was sie hoffen lässt.

«Auf dass das Schweigen ein Ende hat»

«Es ist die Hoffnung, die uns am Leben hält. Aber manchmal kommt es im Leben zu einer gravierenden Veränderung, die die Hoffnung ster­ben lässt. Das geschah letzten August, als in meiner Heimat Afghanistan die Taliban die militärische Macht übernahmen. Von einem Tag auf den anderen haben sie die Hälfte der Gesellschaft vom Alltagsleben ausgeschlossen: uns Frauen. Seither sind uns Grundrechte wie etwa Bildung verwehrt.

Die Niederlage von Afghanistan ist auch die Niederlage seiner Verbündeten. Ich hoffe, dass die Staaten, die uns den Rücken zugekehrt haben, ihr Schweigen doch noch brechen und sich für mein Volk einsetzen. Und sollten sie die Taliban als Regierung anerkennen, dann unter einer Bedingung: der Wahrung der Frauenrechte. Ich habe die Hoffnung, dass das Prinzip der Gleichberechtigung über die frauenverachtende Haltung siegt.»

Efaf Benafsha, 36, afghanische Anwältin und Frauenrechtsaktivistin.

«Immer mehr Leute sehen das Problem»

«Angesichts der Zahlen finde ich es nicht einfach, Hoffnung zu haben. Als Statistiker und Volkswirtschaft­ler arbeite ich mit Daten. Und diese zeigen nun mal, dass die Emissionen immer weitersteigen, obwohl wir seit Jahrzehnten wissen, welche Probleme uns das bereiten wird. Doch unser Versagen trifft nicht uns selbst, sondern vor allem Menschen zukünftiger Generationen und in anderen Erdregionen. Warum also etwas dagegen tun?

Und doch gibt es positive Anzeichen, die etwas Hoffnung bringen. Es gibt immer mehr Menschen, die das Ausmass des Problems zu erkennen scheinen und dort, wo sie sind, etwas bewirken. Mehr, die sich auch zusammenfinden, um dem Anliegen auf der Strasse oder in Aktionen Ausdruck zu verleihen. Ich bin also nicht allein.

Auch schöpfe ich starke Hoffnung im Glauben. Schliesslich weiss ich, dass alles nicht in unseren, sondern in Gottes Händen liegt. Das zeigt sich besonders schön in Johannes 16,33: ‹Das habe ich euch gesagt, damit ihr Frieden habt in mir. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.› Das gibt mir Hoffnung.»

Lorenz Walthert, 28, Datenwissenschaftler, Mitglied Christliche Klima-Aktion, Zürich.

«Sehnsucht nach Ruhe und Frieden»

«Ich trauere dem vergangenen Jahr nicht nach. Zwar gab es auch viele Menschen, die dem Corona-Virus zum Opfer gefallen sind. Doch viel stärker noch leiden wir im englischsprachigen Teil Kameruns unter der andauernden Gewalt. Der Bürgerkrieg hat bisher rund 4000 Frauen, Männern und Kindern das Leben gekostet. Hinzu kommt, dass mehr als 700 000 Menschen Vertriebene im eigenen Land wurden. Und die Welt schaut weg.

Wenigstens ist dieses Jahr mit einem ersten Treffen der Konfliktparteien zu Ende gegangen. Das ist ein Hoffnungsschimmer, obwohl wichtige Gruppen nicht teilnahmen. Für das Jahr 2022 wünsche ich mir eine Lösung für das anglofone Problem und auch für  die Unruhen im Osten und Norden. Alle hoffen wir sehnlichst auf Ruhe und Frieden.»

Esther Mukong, 55, Traumatherapeutin in Bafoussam, Kamerun.

Aufgezeichnet und übersetzt: Angelika Weber, Mission 21

«Endlich mehr Anerkennung für die Pflege»

«Die Pandemie hat viel Leid verursacht. Dabei ist aber endlich auch eine Berufsgruppe in den Vordergrund gerückt, die bisher oft etwas belächelt wurde. Ich spüre mehr Wertschätzung für Pflegefachleute. Es wird stärker anerkannt, mit welch grossem Pflichtbewusstsein wir permanent im Einsatz sind.

Dass die Pflegeinitiative so klar angenommen wurde, macht Hoffung; und es war höchste Zeit. Rasch soll nun in die Ausbildung und die Verbesserung der Arbeits­bedingungen investiert werden, damit mehr Pflegefachleute den Beruf erlernen und ihm dann auch treu bleiben. Das ist unabdingbar für die Pflegequalität.

Die Pandemie hat uns allen vor Augen geführt, dass die Gesundheit ein kostbares Gut ist, zu dem wir Sorge tragen müssen – für uns selbst und die ganze Gesellschaft.»

Claudia Dollinger, 41, Pflege-Expertin auf einer Covid-Station in Bern.