Das schlimmste Szenario für die Meeresbiologin ist der angedachte Tiefseebergbau, nicht nur im arktischen Ozean, sondern auch im Pazifik. Die Technik werde mit schweren Geräten in mehreren Tausend Metern unter der Wasseroberfläche eingesetzt. Denn in der Tiefsee verbergen sich grosse Schätze: Manganknollen, die Mangan, Eisen, Nickel und Kobalt enthalten – Metalle, die in der Elektronikindustrie eingesetzt werden. Menn ist überzeugt: «Es ist ein Wahnsinn, was da geplant wird im letzten noch nahezu unberührten Lebensraum unserer Erde. Wir wissen über die Tiefsee weniger als über den Mond.»
Für die in der Arktis lebenden Menschen ist der Klimawandel verheerend. Menn berichtet von Folgen für die indigene Bevölkerung. Ihr Leben sei auf die Natur ausgerichtet, die sich massiv verändere. «Weil der Permafrost auftaut, rutschen Küstensiedlungen weg.» Etwa vier Millionen Menschen wohnen in der Arktis. Ein Viertel von ihnen oder je nach Zählart viel weniger sind Indigene. Ihre Kulturen und Sprachen sind eng mit ihren Lebensformen verbunden.
Da ist etwa die Rentierzucht. «Für die Sami zum Beispiel ist sie identitätsstiftend und gerät immer mehr unter Druck», sagt Tabea Willi, Programmleiterin mit Schwerpunkt Arktis der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Nebst dem Klimawandel bedrohen auch weitere Faktoren die traditionelle Rentierzucht. Der Platz wird enger, weil immer mehr Menschen sich im Norden ansiedeln. Und ein weiteres Problem sind Windparks, die eigentlich das Klima schonen sollten.
Wie verfahren die Situation ist, zeigt sich am Beispiel von Norwegen. Dort wurde 2020 der damals grösste Windpark Europas in Betrieb genommen. Jahrelang wehrten sich die Sami dagegen, weil ihre Rentierherden so keinen Platz mehr finden. Das höchste Gericht Norwegens gab ihnen recht, aber erst, als der Park auf der Fosen-Halbinsel, an dem auch die Bernischen Kraftwerke beteiligt sind, schon den Betrieb aufgenommen hatte. Die Streitparteien haben sich inzwischen halbherzig auf gewisse Kompensationen geeinigt.
Sorgen macht sich Willi im Moment besonders um die indigenen Menschen in Russland. «Sie wurden länger schon diskriminiert.» Und seit dem Ukrainekrieg sei ihre Situation noch schwieriger. «Sie werden überproportional für den Krieg eingezogen», sagt die Expertin.