Gesellschaft 27. Februar 2025, von Hans Herrmann

Ein kirchlicher Grüner der ersten Stunde

Ökologie

Kurt Zaugg-Ott half an vorderster Front mit, den Umweltschutz im kirchlichen Handeln  zu verankern. Nach fast 28 Jahren geht er als Leiter der Fachstelle Oeku jetzt in Pension.

In den 80er- und 90er-Jahren gehörten Leute, die sich für ökologische Anliegen einsetzen, noch zu einer oppositionellen Minderheit. Heute ist es anders: Das Thema ist in der Mitte von Gesellschaft und Politik angekommen. Unter dem Motto «Bewahrung der Schöpfung» wird es auch in den Kirchen gelebt. 

«Die ökologische Bewegung hat in wenigen Jahrzehnten einen weiten Weg zurückgelegt; aufrüttelnd wirkten 2011 die Nuklearkatastrophe von Fukushima und 2015 die Pariser Klimakonferenz», blickt Kurt Zaugg-Ott zurück. Er weiss es aus erster Hand, gehört er doch zu jenen, die das Thema im kirchlichen Umfeld lancierten und weiterentwickelten. Fast 28 Jahre leitete er in Bern die Fachstelle des ökumenisch getragenen Vereins Oeku, Ende Februar geht er in Pension.

«Radiomech» und Theologe 

Zuerst hatte er Fernseh- und Radioelektriker gelernt, danach war er in den 80er-Jahren über die Kirchlich-theologische Schule als Theologiestudent an die Universität Bern gekommen. Hier studierte er unter anderem auch bei Lukas Vischer, dem international vernetzten Professor für ökumenische Theologie. 

Vischer engagierte sich in der Basisbewegung Schweizerische Evangelische Synode, aus der heraus im Jahr 1986 die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft Kirche und Umwelt gegründet wurde. Kurt Zaugg-Ott half mit, die Gründung zu organisieren, und wurde zu einem Mitglied der ersten Stunde. 1997 trat er als damals bereits ausgebildeter und später auch promovierter Theologe die Leitung der Fachstelle an, welche der heute als «Oeku – Kirchen für die Umwelt» bekannte Verein in Bern betreibt.

«Die Nahtstelle zwischen ökologischem Engagement, Kirche und Spiritualität hat mich schon immer interessiert», sagt er. Die Oeku-Fachstelle leiten zu können, sei für ihn daher ideal gewesen. 

Auch deshalb, weil der Umweltschutz ein genuin christliches und kirchliches Anliegen sei. Immerhin heisse es bereits im ersten Satz des apostolischen Glaubensbekenntnisses: «Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.» Christinnen und Christen glaubten also an einen Schöpfergott  – und daran, Teil dieser Schöpfung zu sein. «Damit stehen wir in der Verantwortung, zur Natur Sorge zu tragen.»

Die Umwelt zu schützen, ist ein genuin christliches Anliegen.
Kurt Zaugg-Ott, Theologe

Diesem Auftrag lebt der Verein Oeku in vielfältiger Weise nach. Er motiviert Kirchgemeinden zu umweltverträglichem Umgang mit seinen Liegenschaften, führt Energiesparschulungen durch, bietet mit dem «Grünen Güggel» ein Zertifikat an, welches die Umweltleistungen der Kirchen verbessert, und setzt jedes Jahr eine breite Palette an theologischen und praktischen Impulsen für die Schöpfungszeit.

Diese gehört seit mehreren Jahrzehnten fest zum Kirchenjahr, dauert vom 1. September bis 4. Oktober, dem Geburtstag von Franz von Assisi, und regt dazu an, den Wert und die Schönheit, aber auch das Leiden der Schöpfung aus unterschiedlichsten Perspektiven zu thematisieren, in Predigt, Jugendarbeit, Ausstellungen, Seniorennachmittagen und diversen Aktionen.

Alpensegler im Kirchturm 

Das Wirken von Oeku trägt Früchte, heute sind viele reformierte wie auch katholische Kirchgemeinden schweizweit für das Anliegen sensibilisiert. Auf der Website des Vereins sind über 370 Beispiele von gelebter Umweltpraxis im kirchlichen Umfeld aufgeführt: Das Kloster Baldegg etwa hat ein ökologisches Gesamtkonzept umgesetzt; die reformierte Kirchgemeinde in Burgdorf beherbergt im Turm der Kirche eine Kolonie von Alpenseglern; in Payerne wird das Ewige Licht in der Kirche ökologisch betrieben; kirchliche Gebäude in etlichen Kirchgemeinden wurden energietechnisch saniert oder solartechnisch aufgerüstet – und anderes mehr. 

Natürlich braucht es für die Aktivitäten von Oeku Geld. Eine Fachstelle lässt sich nicht gratis betreiben, und Projekte sind auf Beiträge angewiesen. Gerade in finanzieller Hinsicht stand der Verein zuerst auf schwachen Beinen. Dies hat sich in der Amtszeit von Kurt Zaugg-Ott jedoch merklich verbessert.

Heute wird das Wirken von Oeku durch Mitgliederbeiträge, Spenden, Beiträge der Deutschschweizer Kirchenkonferenz wie auch der Römisch-katholischen Zentralkonferenz, verschiedener Kantonalkirchen und der Fastenaktion finanziell mitgetragen. Weitere pekuniäre Mittel stammen aus projektbezogenen Beiträgen von Kirchen, den Kantonen und dem Bund.

Anregend und motivierend

Die finanzielle Konsolidierung gehört denn auch zu den beruflichen Höhepunkten, an die sich der scheidende Stellenleiter gern erinnert. Auch bei der Erarbeitung des Materials für die Schöpfungszeit erlebte er immer wieder Anregendes und Motivierendes.

Kurt Zaugg-Ott hat auch ein politisch geschärftes Sensorium, das er als Synodaler der Gruppe Offene Synode (GOS) im kantonalbernischen Kirchenparlament einbringt. Zupass kam ihm seine politische Ader auch beim Verfassen der Stellungnahmen, die der Verein Oeku zu ökologisch relevanten eidgenössischen Abstimmungsvorlagen jeweils publiziert. «Es heisst ja oft, die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten», sagt Zaugg-Ott. Aber Oeku sei ein Verein, «und als solcher geniessen wir quasi Narrenfreiheit, wir sprechen zwar kirchlich, aber nicht als Kirche».

Und das wünscht sich der Theologe zu seinem Abschied für Oeku: dass die Finanzen des Vereins gesichert und die Schöpfungszeit fester Bestandteil des kirchlichen Lebens bleiben. Und dass die Kirchen in ihren ökologischen Bemühungen nicht nachlassen. «Das Thema bleibt zentral, es geht um die Zukunft von uns allen.»

Milena Hartmann, 34


Milena Hartmann, 34


Sie arbeitet seit Mai 2022 bei der Oeku-Fachstelle als Umweltbeauftragte und übernimmt auf den 1. März als Nachfolgerin von Kurt Zaugg-Ott nun die Stellenleitung. Milena Hartmann hat einen Masterabschluss in Global Studies und bildete sich in Biel zur eidgenössisch diplomierten Natur- und Umweltfachfrau weiter. Zudem absolviert sie derzeit einen dreijährigen Theologiekurs. «Die Verbindung von Ethik und Ökologie finde ich spannend», sagt sie. Zusammen mit dem Team möchte sie weiterhin dafür  sorgen, dass die Umweltanliegen im Fokus der Kirchen bleiben.