Wer nicht zu den Ersten zählt, stöbert durch die Kleider. Andere steuern direkt das Bistro an, bestellen Kaffee, Tee oder Mineral und ergattern ein Stücklein Patisserie von der Bäckerei Wälchli. Es wird geredet, gelacht, man kennt sich, die Stimmung ist fröhlich. Eine Ukrainerin bringt den Freiwilligen ukrainische Pralinés mit, als Dankeschön für ihre Hilfe. Auch die Begleitung von Menschen, die sich beispielsweise durch Flucht in belasteten Lebenslagen befinden, ist Teil des sozialen Projekts Spiis und Gwand.
Über die Hemmschwelle
Bei der Essensabgabe zugelassen sind Leute, die Sozialhilfe beziehen, aber auch solche, die mit ihrem Einkommen kaum über die Runden kommen. «Wir rufen nicht das Steueramt an, sondern glauben ihnen», sagt Klöti. Etwa 80 bis 90 Prozent der Kunden sind eingewandert und leben in wirtschaftlich prekären Verhältnissen. Für Schweizerinnen und Schweizer sei die Hemmschwelle auf jeden Fall grösser, sich bedürftig zu zeigen, so die Co-Leiterin.
Barbara Nydegger aus Brittnau bestätigt dies: «Ich habe mich zuerst geniert herzukommen», sagt die 73-Jährige im farbigen Look und mit rosa Strähnen im kurzen Haar. Sie lebt von der AHV und Ergänzungsleistungen und kann sich – dank Essen, Kleidern und Schuhen von Spiis und Gwand – sogar gelegentlich ein Mittagessen im Restaurant leisten. «Das hilft mir dabei, soziale Beziehungen zu pflegen», sagt die alleinstehende Frau.
Für Rezaei Reyhaneh, auch Rihanna genannt, ist das Wichtigste der Kontakt mit den Leuten. «Ich kenne alle hier und komme an jedem Tag, an dem geöffnet ist – einfach um zu reden», sagt die 33-jährige Frau aus Afghanistan und strahlt. Sie lebt mit ihrem Mann, den 12- und 14-jährigen Söhnen und ihrer depressiven Schwiegermutter zusammen und sagt: «Ich brauche diesen Ort, er tut mir gut.»
Sinnvolle Tätigkeit
Um 16.15 Uhr sind alle Kunden gegangen, die Tür ist zu, das Team macht Kaffeepause. «Es ist nötig und macht Sinn, hier mitzuhelfen», sagt Brigitta Zaugg, eine 73-jährige Freiwillige aus Rothrist. In dreissig Minuten geht es nochmals los. Dann kommt die nächste Gruppe , um den zweiten Teil der Lebensmittel abzuholen.