Zum Beispiel Max Frischs Fragebogen für Jesus

Advent

Was würden Sie Jesus wichteln? Fünf bekanntere Menschen aus dem Kirchenumfeld antworten. Die Vielfalt ist gross: Apfel, Fragebogen, Foto, ein Mikrofon und ein weisser Elefant.

Gold, Weihrauch und Myrrhe waren es vor etwas mehr als 2000 Jahren, das die drei Könige aus dem Morgenland dem Säugling in Bethlehem mitbrachten als Geschenke. 

Heute wird in der Adventszeit und vor allem auf Weihnachten hin geschenkt, dass sich die Balken biegen und Anbietende von Waren und Dienstleistungen die Hände reiben.

Wie wir wichteln

Der Brauch wird meistens vorweihnachtlich gepflegt. Lose bestimmen in diversen Gruppen – etwa am Arbeitsplatz, in Vereinen, Schulen, Familien, Online-Communitys –, wer wem Geschenke machen soll. Es können Schenktermine vereinbart werden oder die Häufigkeit von Geschenken. Die Beschenkten erfahren am Schluss, wer es war.

Aus dieser Heimlichkeit stammt der Bezug zum Wichtel. Er war eine nordische Sagengestalt, die heimlich Gutes tut. Es gibt unterschiedliche Arten wie beispielsweise Schrottwichteln, Mottowichteln oder Flashmobwichteln, ebenso unterschiedliche Namen. Verbreitet ist es fast überall auf der Welt.

Nebst dem Adventskalender wird auch gewichtelt, üblicherweise in einer kleineren oder grösseren Gemeinschaft. Wir haben die Gemeinschaft kurzerhand auf die reformierte kirchliche Schweiz erweitert und von diesen ein paar bekanntere Menschen ausgewählt als Schenkende – und als Empfänger (statt per Los einfach autoritär) Jesus bestimmt.

Hier sind die ausgewählten Geschenke – und die Begründungen dafür.

«Ich würde Jesus die Fragebogen von Max Frisch wichteln, etwa die Geschenkausgabe mit elf Fragebogen.»

Warum?

«Ich möchte unter anderem wissen, was er zu folgenden Fragen denkt: 

Muss eine Hoffnung, damit Sie in ihrem Sinn denken und handeln, nach ihrem menschlichen Ermessen erfüllbar sein?

Wem gönnen Sie manchmal Ihren eigenen Tod?»

  

«Ich würde Jesus ein handsigniertes Foto des aktuellen Ausbildungsjahrgangs unserer Hebammenschule im Südsudan schenken.»

Warum?

«Tagtäglich unterstützen sie Mütter wie Maria, die ihre Kinder wie Jesus selbst unter prekären Verhältnissen auf die Welt bringen müssen.»

  

«Ich würde Jesus einen rotbackigen Apfel wichteln.»

Warum?

«Ich müsste wohl lange hin und her überlegen, was ich Jesus wichtle: Einen Chräuel, um den harten Erdboden zu bearbeiten, oder eher ein Tablet, um online zu gehen? Doch am Schluss würde ich mich für den Apfel (malus) entscheiden. Symbolisch, um die Unzulänglichkeit von uns Menschen in die Obhut von Jesus zu geben, und konkret, weil ein richtig guter Apfel (kein Gala!) auch für mich die Welt bedeuten kann.»

  

«Einen «weissen Elefanten».»

Warum?

«Weil Jesus wohl lieber gespielt als einfach ausgepackt hat. Die Rede vom «weissen Elefanten» geht auf den legendären König von Siam zurück. Dieser pflegte untreuen Höflingen einen Albino-Elefanten zu schenken. So ein Elefant war zwar besonders wertvoll, aber die Unterhaltskosten für ihn waren derart immens, dass die Höflinge all ihr Vermögen verloren.

Statt Wichteln wird in den USA heute gerne «White Elephant» gespielt. Die Beteiligten bringen füreinander ein ambivalentes Geschenk mit: eine Packung Fertignudeln, eine parfümierte Gesichtskreme, eine Klobürste. Dann wird eine Reihenfolge ausgelost. Wer drankommt darf entweder ein Geschenk auspacken oder ein zuvor ausgepacktes Geschenk stehlen. Die erste Person darf zuerst nur auspacken, zuletzt aber auch noch stehlen. 

Ich denke, Jesus würde dieses Spiel unter seinen Jünger*innen sofort zum Brauch machen. Denn jenseits von garantierter Bescherung oder bitterer Enttäuschung an Weihnachten macht es Spass miteinander zu spielen und einander so besser kennenzulernen.»

  

«Jesus würde ich ein Mikrofon wichteln.»

Warum?

«Die Möglichkeit einen Podcast mit Jesus hören zu können, fände ich tatsächlich äusserst spannend.»