Lange kann es nicht mehr dauern. Marias kugelrunder Bauch hat sich gesenkt, das Kind bewegt sich nur noch wenig, zu eng ist es ihm im Bauch geworden. Die junge Frau weiss in etwa, was auf sie in den nächsten Tagen zukommt – dank ihrem Besuch bei der hochschwangeren Elisabet, der Mutter von Johannes dem Täufer. Die drei Monate in ihrem Haus waren eine Art Geburtsvorbereitung.
Und nun das: Kaiser Augustus befiehlt, dass sich alle in ihre Stadt begeben, um sich registrieren zu lassen. Auch Maria und Josef packen ihre wichtigsten Habseligkeiten, müssen los, von Nazaret nach Bethlehem. 130 bis 150 Kilometer sind es, je nach Route fünf bis sieben Tagesmärsche, in Marias Zustand wohl eher mehr.
Maria wird nicht erfreut gewesen sein, kurz vor der Geburt ihr vertrautes Umfeld verlassen zu müssen und eine beschwerliche Reise anzutreten. Ihr blieb nichts anderes übrig. In der damaligen Zeit hatte eine Frau kaum Rechte, und als Ledige schwanger zu sein, war Skandal genug. Maria durfte froh sein, dass Josef sie in dieser Situation nicht verliess. Er hatte es vorgehabt, auch er ganz Mensch. Schliesslich war er nicht der Vater des Ungeborenen. Doch ein Engel erschien ihm im Traum, redete Tacheles mit ihm. Josef entschied, die Verantwortung anzunehmen.
Keine Mutter weiss
Die Geschichte von der Geburt Jesu, wie sie sich laut Matthäus- und Lukasevangelium vor mehr als 2000 Jahren zugetragen hat, ist von Beginn weg voller Herausforderungen. Man könnte auch sagen: Das Leben meint es nicht besonders gut mit den beiden Menschen, denen der Sohn Gottes anvertraut wird. Gleichzeitig zeigt die Geschichte, wie die beiden ihr Schicksal annehmen, ihr Vertrauen stärker wird, wie sie über sich selbst hinauswachsen. Klar, Maria wusste von Engel Gabriel, dass ihr Kind weltliche Herrscher vom Thron stürzen würde. Ein solches Versprechen mag in schwierigen Stunden Halt geben.
