Was fasziniert Sie persönlich an der Taube?
Silvia Schroer: In meiner Zeit in Fribourg habe ich über alttestamentliche Hinweise auf bildliche Darstellungen im alten Israel promoviert. Dabei stiess ich auch auf die Taube. Diese ist eine Kulturfolgerin, und sie hat im Zusammenleben mit dem Menschen einen Domestikationsprozess durchgemacht. Solche Vorgänge interessieren mich. Wenn ich aber vor der Wahl stünde, entweder Taubenzüchterin oder aber Falknerin zu werden, würde ich mich für Letzteres entscheiden.
Wie kam die Taube in die Bibel?
Im Judentum der altisraelitischen Zeit kannte man die Taube als Botentier, im Talmud galt sie als Sinnbild für das Volk Israel. Und einer der Propheten trug bekanntlich ihren Namen: Jona bedeutet übersetzt Taube. Sie spielte insbesondere auch eine Rolle als Opfertier.
Warum als Opfertier?
Vermutlich, weil die Taube in diesem geografischen Raum durch die Domestikation reichlich vorhanden war und ihr Fleisch gut schmeckt. Sie gehört zu jenen Vögeln, die gemäss den jüdischen Speisevorschriften gegessen werden dürfen. Tauben liessen sich billig erwerben und eigneten sich daher als Opfertier gerade auch für die kleinen Leute.