Pizza, Volkstänze und viel Musik

Kirchenfeiern

Um die Aufbruchstimmung der Kirchenreform 26/30 zu feiern, spannten im Aargau Kirchgemeinden zusammen und präsentierten ein Septemberwochenende lang unkonventionelle Programme. 

Samstagabend in Dürrenäsch: Auf der Wiese des Kirchgemeindehauses stellt sich eine bunte Szene ein. Rund zehn Frauen und Männer fassen einander an den Händen. Brigitte Hess macht einige Schritte vor. Dann drückt die Erwachsenenbildnerin für Volkstanz auf den Knopf eines Ghettoblasters. Aus dem Lautsprecher ertönt «Hevenu Shalom», die hebräische Friedenshymne. 

«Zäme glingts» 

Oben auf der Terrasse steht derweil Michael Freiburghaus im roten T-Shirt, auf dem in weissen Lettern «Theology Nerd» prangt. Der Dürrenäscher Pfarrer ist soeben aus seinem Sabbatical in Greifswald an der Ostsee zurückgekehrt. Viele Ideen hat er aus dem entkirchlichten Osten Deutschlands mitgebracht, er freut sich, gleich «Neues ausprobieren zu können». 

Dass der Feuerwehrverein Dürrenäsch-Leutwil wenige Schritte entfernt die elektrischen Pizzaöfen aufheizt, ist für ihn einer der Pluspunkte beim regionalen Kirchenfest, das an diesem Septemberwochenende auch an anderen Orten im Aargau stattfindet. «Wir wollen uns stärker mit den Vereinen vernetzen», sagt er. Dafür steht das Motto des Events: «Zäme glingts». 

«Zäme» bedeutet auch, dass nebst Dürrenäsch vier Gemeinden mit von der Partie sind: Gontenschwil-Zetz-wil, Seon, Unterkulm-Oberkulm-Teufenthal und Menziken-Burg. Und «Zäme» steht für das Zusammenkommen der Generationen und der verschiedenen Gruppen Menschen wie Einheimische, Geflüchtete sowie Neuzugezogene.  

Zum Programm gehört unter anderem, in Workshops die Bestandteile des Familiengottesdiensts zu erarbeiten. Alle sollen mitmachen: Sketch von Kindern, Volkstänze aus Israel und Musik der Schülerband Nl’eft. Und der Mischkurs für alkoholfreie Cocktails sowie der Dessert-Workshop sorgen nebst der Feuerwehr-Pizza für das Kulinarische. Für Pfarrer Freiburghaus ist es ein Festtag, seine Vision von Kirche als «zweite, geistige Familie» nimmt Konturen an. 

Theater und Filmmusikerin 

Auch in Staufen haben die Reformierten mit Elan ein Festival auf die Beine gestellt, mit Erzählkunst und Schauspiel. Zum Programm gehört am Sonntag ein Theatergottesdienst, für die Kinder ein Konzert von Christof Fankhauser, für die Senioren mit Ernst Webers Erzählungen aus seiner «Staufner Buebeziit» eine Rückkehr in alte Zeiten. Die kulturprotestantische Zielgruppe lässt sich indes nicht von Fatima Dunn anlocken. Die Cellistin und Sängerin ist immerhin Gewinnerin des Schweizer Filmpreises 2022 für beste Filmmusik. Im grauen, fensterlosen Betonkeller in der Turnhalle finden sich nur knapp 20 Zuhörende ein. 

Monumentale Naturkulisse 

Am Sonntagmorgen feiern die Gemeinden von Muhen, Schöftland, Rued und Reitnau vor einer besonders beeindruckenden Kulisse einen Open-Air-Gottesdienst: bei den Sandsteinhöhlen von Staffelbach. Die monumentalen Kavernen verfehlen ihre Wirkung nicht. Schon beim ersten von Sängerin Tabea Leger angestimmten Lobpreis-Lied recken viele ihre Hände in die Höhe. Pfarrer Stephan Gassler aus Muhen setzt auf die richtige Story, um die Kinder anzusprechen: auf den Bibel-Thriller, wie David in der Höhle Engedi König Saul verschonte. 

Die Höhle war auch das Thema von Pfarrer Daniel Hintermann aus Schöftland. Er erinnerte daran, dass die biblische Landschaft durchzogen war von Karsthöhlen, die immer wieder auch als Bestattungsstätten genutzt wurden. Prominent im Neuen Testament stehen dafür Jesus und Lazarus. Die imaginäre biblische Reise endete abrupt, als der Geruch von Cervelats vom Grill aufstieg und die Obertöne der Alphorngruppe Forehoger durch die Luft schwirrten.