Wie haben Sies mit der Religion, Herr Benz?
Würde die Frage lauten, ob ich an Gott glaube, wäre die Kurzversion der Antwort: Ja.
Und die lange Version?
Da müsste ich erläutern, was ich mit Gott meine und was mit Glauben. Sich über Gott zu verständigen, ist schwierig. Bereits das Universum ist unvorstellbar gross, und Gott ist somit noch grösser. Zugleich empfinde ich Gottes Kraft und Präsenz als sehr nah, ich fühle mich getragen, gerade in schwierigen Situationen. Und Glauben bedeutet für mich, dass ich etwas für mehr als bloss wahr halte, dass ich mich darauf verlasse und darauf vertraue.
Wie bringen Sie das als emeritierter Professor für Astrophysik in sich stimmig zusammen?
Hier sehe ich keinen Widerspruch. Ich trenne klar: Astrophysik hat nichts mit Religion zu tun. Mit der Naturwissenschaft will ich nicht suchen, wo Gott noch Platz hat, ich will ihn nicht beweisen. Astrophysik und Religion sind ganz unterschiedliche Arten, die Wirklichkeit wahrzunehmen. In der Physik messen wir, in der Religion erfahren wir direkt und individuell. In der Religion erfolgt der Blick aus der Ich-Perspektive und ist weiter. Beiden Sichtweisen gemeinsam aber ist: Wir Menschen verstehen längst nicht alles.
Und es bringt Sie nach wie vor zum Staunen, wie Sie in Ihren Publikationen schreiben. Warum?
Staunen heisst ja, dass ich etwas nicht als selbstverständlich ansehe, es aber wichtig ist. Am deutlichsten erlebe ich dies bei der Feststellung, dass das Universum bestens funktioniert. Das ist unglaublich. Allein schon die Entstehung eines Sterns ist etwas ausserordentlich Kompliziertes. Und solche Phänomene treiben mich auch an, mein Verstehen andauernd zu vergrössern. Darum schreibe ich Bücher: Indem ich für andere formuliere, was ich erkenne und denke, wird mir selbst manches klarer.