«Ich bin halt en luschtige Kerl», sagt Ansgar Gmür von sich. Mit seinen rhetorischen Fähigkeiten, seinen träfen Sprüchen und der Liebe zum grossen Auftritt hat er es zu nationaler Berühmtheit gebracht, vielleicht noch mehr als durch seine Funktion als Direktor des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV). Als solcher geht er im kommenden September in Pension. Das heisst aber nicht, dass er seine berufliche Karriere beenden wird. Nein, dann will er noch mal durchstarten. Und zwar als reformierter Pfarrer. Es ist ihm ernst damit. Seit drei Semestern studiert er an der Universität Zürich Theologie. Kürzlich hat er den Althebräisch-Lehrgang abgeschlossen, nun lernt er eifrig Altgriechisch.
Lange Zeit Existenzängste
Aufgewachsen ist Gmür in Amden (SG) in den Bergen, als siebtes von acht Kindern. In einer armen Bergbauernfamilie erlebte er eine harte Jugend. «Schaffe, schaffe, schaffe» habe sein Leben bestimmt. Die Mutter starb, als er elf war. Der Vater war «katholisch-stockkonservativ» und streng. So streng, dass er eines Tages, als der Hund der Familie längere Zeit vom Hof verschwunden war, diesen bei der Rückkehr kurzerhand erschoss. Mit dem Kommentar: «Ich kann keinen Hund brauchen, der nicht gehorcht.»
Später kam Gmür vom Land in die Stadt, machte eine Berufslehre als Chemielaborant, holte die Matura nach, studierte Ökonomie. Als Werkstudent jobbte er als Nachtportier, an der Migros-Kasse, als Putzmann und Taxifahrer, machte dann Karriere in mehreren Verbänden. Immer aber verfolgte ihn die karge Jugend, in Form von Existenz-ängsten. Stets rannte er dem Geld nach. Ausser in den letzten Jahren als HEV-Direktor. Nun hat er genug Geld auf der Seite. «Ach Gott, ist das schön», sagt Gmür laut lachend, wie das seiner Frohnatur entspricht.
Erst der Kirche beitreten
Als gläubiger Christ ist Gmür schon lange aktiv. Er spendet einen Zehntel seiner Einkünfte für wohltätige Projekte oder hilft Menschen direkt, ist aktiv in der Vereinigung christlicher Geschäftsleute und in einem Bibelkreis. Nun will er seine Karriere als Pfarrer fortsetzen. Die Berufung dazu erhielt er vor acht Jahren durch einen «kitschigen Traum», wie er selber sagt. Er sass angelnd an einem Teich und holte Fische heraus. Da sagte ihm ein Mann, er werde noch viel grössere Fische herausholen, aber auf einem andern Gebiet. «Das war für mich ein eindeutiges Zeichen von Gott», ist Ansgar Gmür überzeugt.
Als Pfarrer wird er in seinem Alter keine feste Stelle mehr in einer Kirchgemeinde erhalten. Das ist ihm egal. Als HEV-Direktor hat er lange genug die Last der Verantwortung getragen. Er sieht sich eher als Springerpfarrer dort im Einsatz, wo Bedarf herrscht. Vor allem aber möchte er vor Geschäftsleuten und an Businessevents über Religion und Glauben sprechen.
Bevor es soweit ist, muss Ansgar Gmür erst noch der Kirche beitreten. 1983 trat er aus der katholischen Kirche aus. Nun wechselt er aus pragmatischen Gründen – als verheirateter Vater von drei Töchtern – zur reformierten Kirche. Er wolle sich, so Gmür, noch einige Jahre in den Dienst Gottes stellen. Denn bei seinem Tod möchte er Gott auf dessen Frage, was er ausser Karriere und Geld verdienen im Leben gemacht habe, antworten können, er habe auch etwas für ihn getan.