Porträt 26. Mai 2021, von Noah Pilloud

Wandernd führt sie Menschen zusammen

Integration

Barbara Mosca leitet eine Wandergruppe, in der Migranten und Einheimische gemeinsam die Region entdecken und ins Gespräch kommen.

Barbara Mosca wartet am Loeb-Egge in Bern. Vor dem Warenhaus beim Bahnhof trifft sie sich jeweils mit ihrer Wandergruppe. Dann hält sie jeweils einen Flyer in die Luft. «Damit uns auch jene finden, die zum ersten Mal mitkommen», erzählt sie später auf einem Spaziergang durch die Stadt. Das helle Gelb wählte sie für den Flyer, damit er von Weitem leicht zu erkennen ist. «Ich mag Gelb sowieso, es ist eine sonnige Farbe.» -Eine Farbe, die zum heiteren Charakter von Barbara Mosca passt.

Barbara Mosca, 66

Nach jahrelanger Arbeit im Kulturmanagement bei der Sommerakademie  im Zentrum Paul Klee widmet Barbara Mosca sich zwei grossen Leiden­schaften: dem Wandern und dem Einsatz für sozial weniger privilegierte Menschen. Mosca lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Bern.

Mit ihrer Wandergruppe will die Bernerin Einheimische und Menschen, die in die Schweiz migriert sind, zusammenbringen. Mittlerweile habe das Projekt eine Eigendynamik entwickelt, das Organisationsteam sei auch zur Anlaufstelle bei Alltagsproblemen der Teilnehmenden geworden, sagt Mosca.

Der schönste Ort der Welt

Im Zentrum stehen der ungezwungene Austausch und das Vertiefen der Deutschkenntnisse. Die Atmosphäre sei leicht und locker, «obwohl auch Dinge zur Sprache kommen, die nicht einfach sind». Wenn Sans-Papiers von ihrem Schicksal erzählen, gehe das unter die Haut.

Die Vielfalt der Menschen und des Menschlichen hat Mosca schon immer begleitet. Auch ist es für sie seit jeher selbstverständlich, dass teilt, wer hat. Aufgewachsen ist sie in Mürren, für sie «noch immer der schönste Ort der Welt». In der Klinik ihres Vaters begegnete sie als Kind Bergbäuerinnen neben Kurgästen und Touristen.

Wenn Sans-Papiers von ihrem Schicksal erzählen, geht das unter die Haut.

Während ihrer Gymnasialzeit in Bern engagierte sich Mosca in der Studentenbewegung der Sechzigerjahre. «Damals wohnte ich bei einer Künstlerin gleich hier in der Nähe», erzählt sie beim Überqueren der Nydeggbrücke. Ihre sozialen Grundsätze setzte sie später beruflich im Kulturmanagement um und lebt sie nun in ihrer Familie.

Raus aus dem Büro

Der Büroalltag weckte in ihr das Bedürfnis, ihre Vorstellungen von Solidarität und Vielfalt mit einer Tätigkeit im Freien zu verbinden. So gründete sie mit ihrer damaligen Arbeitskollegin Katrin Sperry «Wandern für alle» als Pilotprojekt der Berner Migrationsfachstelle isa.

Andere Städte könnten die Idee ohne grossen Aufwand aufnehmen.

«Auch nach sechs Jahren sind wir noch immer voller Freude dabei», sagt Mosca im Brunnadern-Quartier, während sie sich aus dem herumliegenden Schnittgut eines Fliederstrauchs einen Strauss zusammenstellt. Aus 15 wurden über 100 Personen, die regelmässig an den Wanderungen teilnehmen.

Zur Nachahmung empfohlen

Eine Stärke des Projekts liege im En­thusiasmus der Beteiligten, sagt Mosca. Und darin, dass alle auf ganz unkomplizierte Weise mitmachen können. Zudem lassen sich die Kosten tief halten: In Berns Umgebung gibt es zahlreiche attraktive Routen, man kommt oft gut ohne Bahn und Bus klar. «Andere Gemeinden und Städte könnten die Idee ohne grossen Aufwand aufnehmen.» Doch je mehr das Projekt wachse, desto anspruchsvoller werde die Organisation. Deshalb ist Mosca immer froh um neue freiwillige Helferinnen und Helfer.

Wandern für Alle ist ein Pilotprojekt der Berner Fachstelle für Migration isa. Das Angebot steht für alle offen und ist kostenlos. Die Anmeldung erfolgt über die Webseite, wo auch regelmässig Wanderberichte und Blogbeiträge veröffentlicht werden.

Ein besonderes Highlight der vergangenen Jahre will sie nicht herauspicken, jede Wanderung sei einzigartig. «Es ist immer schön, wenn ich bei der Verabschiedung das Gefühl habe, dass es allen gutgetan hat.» Das sagt Barbara Mosca in der Elfenau, wo auch der Spaziergang endet.