Zürcher Sozialwerk rettet Notschlafstelle in Olten

Diakonie

Dank der Unterstützung des Sozialwerks Pfarrer Sieber kann die Notschlafstelle Olten den Winter über geöffnet bleiben. Auch auf der politischen Ebene bewegt sich nun  etwas. 

Plötzlich gehen Türen auf. Die Notschlafstelle Olten, die Ende Oktober wegen fehlender Mittel hätte schliessen müssen, soll im kommenden Jahr nun doch finanzielle Unterstützung von der Stadt Olten erhalten. 

Stadtpräsident Thomas Marbet hat zugesagt, sich an der Finanzierung zu beteiligen. «Die Stadt Olten ist bereit, das Projekt mitzufinanzieren, aber nicht allein», sagt Marbet gegenüber «reformiert.».

Rettende Defizitgarantie 

Der Grund für die bisher zögerliche Haltung in Olten: Nur rund 30 Prozent der Übernachtungsgäste haben Wohnsitz im Kanton Solothurn, die übrigen kommen aus den Nachbarkantonen oder gar aus dem Ausland. Auch der Verband Solothurner Einwohnergemeinden (VSEG), Bürgergemeinden sowie umliegende Kantone sollen sich deshalb anschliessen, findet Marbet. «Ich bin sicher, dass wir das Projekt im Verbund stemmen können», zeigt sich der SP-Politiker zuversichtlich. 

Bis heute unterstützen weder die Stadt Olten noch der Kanton oder der VSEG die Notunterkunft für Obdachlose. Sie wurde durch Spenden, Stiftungen und Kirchen getragen. «Das Ziel ist eine Teilfinanzierung durch die öffentliche Hand», sagt auch Timo Probst, Co-Präsident des Vereins Schlafguet, der die Notschlafstelle betreibt. «Wir sind vorsichtig optimistisch, dass es im kommenden Jahr klappen wird.» 

Schnell und unbürokratisch ausgeholfen hat das Sozialwerk Pfarrer Sieber (SWS). Es sichert den Weiterbetrieb bis im Frühling durch eine Defizitgarantie, so dass der Verein Schlafguet Zeit hat, sich finanziell auf eine solide Basis zu stellen. Das SWS unterstützt ihn beim Fundraising sowie bei der weiteren Professionalisierung des Betriebs. Probst rechnet damit, dass sich das SWS mit einem fünf- bis sechsstelligen Betrag wird einbringen müssen.

Im vertrauten Umfeld 

Für das SWS gibt es mehrere Beweggründe, dem Betrieb mit den sechs Notbetten im Kanton Solothurn unter die Arme zu greifen. «Indirekt entlasten wird damit unsere eigenen Angebote», sagt SWS-Sprecher Walter von Arburg.  

Hätte die Not-schlafstelle Olten schliessen müssen, wären Hilfe­suchende für ein Bett an der Wärme womöglich auch nach Zürich ge­kommen.
Walter von Arburg, Sprecher Sozialwerk Pfarrer Sieber

In den zurückliegenden Wintern verzeichneten in Zürich sowohl die vom SWS betriebene Notschlafstelle Pfuusbus wie auch das städtische Angebot eine Zunahme der Besuchszahlen, beide Unterkünfte kamen immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen. Von Arburg sagt: «Hätte die Unterkunft in Olten schliessen müssen, wären Hilfesuchende für ein Bett an der Wärme womöglich auch nach Zürich gekommen.»

Dem SWS ist überdies wichtig, dass die Menschen in ihrem Umfeld Schutz und Hilfe finden und ihren vertrauten Lebensraum nicht wegen eines Schlafplatzes verlassen müssen. Um Schlafguet zu helfen, hat das SWS ein eigenes, nicht jahreszeitenabhängiges Projekt zurückgestellt. «Wir erachten es als unsere Aufgabe, da, wo sich niemand zuständig fühlt, in die Lücke zu springen», so Von Arburg. 

Am 21. August hatte der Trägerverein Schlafguet angekündigt, die Notschlafstelle per Ende Oktober zu schliessen – nach einer nur eineinhalbjährigen Betriebszeit und trotz guter Auslastung. Regionale Medien berichteten, eine überparteiliche Gruppe von Parlamentsmitgliedern fragte den Stadtrat in einer dringlichen Interpellation, wie man künftig Obdachlosigkeit begegnen wolle und wie die Nothilfe finanziert werde. Nach der Ungewissheit, die  sechs Wochen dauerte, konnte der Verein am 2. Oktober informieren, dass die Notschlafstelle dank dem SWS vorerst weitergeführt wird. 

Langjähriger Kontakt 

Man habe bereits in der hürdenreichen Projektphase vor der Eröffnung der Notschlafstelle im April 2024 Kontakt mit dem SWS gehabt, sagt Co-Präsident Probst. «Trotzdem waren wir überrascht, als das Sozialwerk auf uns zukam.» 

Es hatten sich auch noch weitere Personen mit Ideen gemeldet, «aber das Unterstützungsangebot aus Zürich überzeugte uns am meisten», sagt Probst. 

Obdachlose Menschen üben Wohnfähigkeit

Wenn die saisonale Notschlafstelle Pfuusbus am 15. November aufgeht, werden einige der letztjährigen Gäste das Angebot nicht mehr in Anspruch nehmen müssen. Als Reaktion auf die starke Zunahme der Übernachtungszahlen in den vergangenen Jahren hat das Sozialwerk Pfarrer Sieber ein Sommerprojekt für obdachlose Menschen lanciert. 16 Pfuusbus-Gäste übten während mehrerer Monate ihre Wohnfähigkeit: den Alltag bewältigen, mit Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern klarkommen. Im Anschluss daran fanden 14 Hilfesuchende einen Platz in einem mehr oder weniger betreuten Wohnangebot.