Gesellschaft 02. September 2025, von Hans Herrmann

Kirchlicher Verein will Diskussionskultur fördern

Gesellschaft

In den Dialog treten, statt sich ideologisch zu bekämpfen: Dafür steht der im Kanton Bern gegründete Verein Église à venir.

Themen, die polarisieren, gibt es so einige: Klima, Migration, gerechte Sprache, Israel-Palästina, der Ukraine-Krieg, Gender und weitere. Darüber zu sprechen, ist schwierig geworden, weil zunehmend die Moral mitmischt: Wer bestimmte Argumente ins Feld führt, macht sich verdächtig, zu den «Schlechten» zu gehören. Dann lieber schweigen. 

Hier hakt der im Kanton Bern gegründete Verein «Église à venir» ein. «Wir sind ein Zusammenschluss liberal denkender Kirchenleute, die der Stimme der ‹schweigenden Mehrheit› in der Kirchenlandschaft wieder zu mehr Gehör verhelfen möchten», sagt Vorstandsmitglied Ulrich Knoepfel. Denn links-grüne und teils aktivistische Positionen dominierten die Diskussion zuweilen, aber in Wahrheit sei die Meinungsvielfalt in der Kirche grösser.

Viele Menschen sind überfordert und halten sich an Schlagworte.
Bruno Bader, Pfarrer

Einbringen möchte sich der Verein mit der Schaffung von Diskussionsgelegenheiten. Eine solche bietet sich Interessierten aktuell am  6. September: Unter dem Motto «Im Gespräch bleiben» findet in Zürich eine öffentliche Tagung statt, mit Lesung, Vorträgen und Gesprächen. Mitwirkende sind unter anderem die deutsche Ex-Bundesministerin Kristina Schröder, der Schriftsteller Simon Urban sowie der Strategieberater Ivo Nicolas Scherrer bei Pro Futuris.

«Die USA, aber auch Deutschland sind von der gesellschaftlichen Polarisierung stark betroffen», sagt Bruno Bader, Pfarrer in Saanen und Präsident von Église à venir. «In der Schweiz ist sie spürbar, aber noch nicht so ausgeprägt. Wir reden immerhin noch miteinander.»

Die Tendenz zur Verengung und Moralisierung des kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Diskureses führt er auf die zunehmende Komplexität der Welt zurück: «Viele Menschen sind überfordert und verspüren der Wunsch, sich mit klaren Haltungen und einfachen Erklärungen in diesem schwierigen Umfeld zurechtzufinden.» Verstärkt werde dieser Effekt durch die Sozialen Medien, in denen provokante Schlagworte besser funktionierten als differenziertes Argumentieren.

Vielfalt in der Einheit

Ulrich Knöpfel ergänzt: «In der Gesellschaft sind in weiten Teilen die theologischen Grundlagen verloren gegangen; an die Stelle des christlichen Glaubens und Handelns ist eine – oft parteipolitisch gefärbte – Moral getreten.»

Die Kirche gründe auf dem Bekenntnis zu Jesus Christus, hält Bruno Bader fest. Und nicht auf parteipolitischen Grundsätzen. «Man kann mit unterschiedlichen politischen Ansichten christlich unterwegs sein, das gehört zur Vielfalt einer Volkskirche – und letztlich zum Christsein.» Diese unterschiedlichen Stimmen solle die Kirche vermehrt in den Dialog treten lassen: mit Debatten, Fakten, der Vermittlung von geschichtlichem und ökonomischem Hintergrund. «Zuhören, der Austausch von Argumenten und das Aushalten anderer Ansichten ist allemal besser, als sich gegenseitig mit plakativen Parolen auszugrenzen.»

«Im Gespräch bleiben»: 6. September 2025, 11 –15 Uhr, Hirschengraben 50, Grosser Saal, 8001 Zürich

www.egliseavenir.ch