Dass das Abendmahlsbrot anders aussah und schmeckte, als ich es gewohnt bin, war das Eindrücklichste, was ich bei meinem Besuch eines reformierten Gottesdienstes in Lettlands Hauptstadt Riga erlebte. Es war aber nicht der einzige Unterschied. «Kann reformiert so anders sein, als ich es kenne?», fragte ich mich danach.
Schon vor dem Gottesdienst warnten mich meine Freunde, die mich eingeladen hatten, die Feier werde nicht pünktlich starten. So war es. Irgendwann hiess es: «Sind wir bereit?» «Ja.» «Dann fangen wir an.» Keine Glocken und Orgel. Es begann mit Worten: eine Begrüssung, Mitteilungen, ein Gebet für die anwesenden Kinder. Dann einige Lieder, begleitet von einer Band. Die Lieder – in Lettisch – waren mir melodisch unbekannt. Es gab kein Gesangbuch, die Texte wurden projiziert.
Predigt einmal anders
Dann folgte die rund vierzigminütige Predigt. Der Pfarrer forderte die Anwesenden auf, die Bibelstelle, über welche er sprach, selbst zu lesen. Die Leute griffen zu Bibeln, die in den Kirchenbänken bereitlagen. Manche zückten auch Papier und Stift, um sich Notizen zu machen.
An den genauen Inhalt der Predigt, die für mich und meinen Mann via Kopfhörer live übersetzt wurde, erinnere ich mich nicht. Geblieben ist mir, dass sie für mein Empfinden – ich stamme aus dem theologisch liberalen Bern – ein eher konservatives, exklusives Gepräge hatte.