Etwas abseits vom Dorfkern, unterhalb des Bahnhofs von Disentis, liegt das evangelisch-reformierte Kirchgemeindezentrum Aua Viva. Wie der Name schon sagt, umgibt das Gemeinde- und Begegnungszentrum «lebendiges Wasser» in Form eines Feuchtbiotops mit Teich. Seit nun zweieinhalb Jahren ist Christoph Zingg in der Diaspora Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Cadi sowie Geschäftsführer der Stiftung «Tür auf – mo vinavon», was übersetzt so viel heisst wie «herein!».
Die Ökumene blüht in der Cadi
In der Cadi, in der Surselva, feiert die ökumenische Stiftung «Tür auf – mo vinavon» ihr 33-jähriges Bestehen. Zahlreiche soziale Projekte sind unter ihrem Dach entstanden.
Von Anfang an dabei
33 Jahre alt wird die ökumenische Stiftung jetzt im Juni und feiert das mit einem Tag der offenen Tür. Eine, die die Anfänge erlebt hat und in der Konsolidierungsphase dabei war, ist Christina Làbas. Die gebürtige Deutsche wurde damals von Pfarrer Roland Just, der Kirchgemeinde und Stiftung entscheidend geprägt hat, in den Stiftungsrat geholt. Christina Làbas’ Revier war vor allem die Kindertagesstätte Lumpazi, wo sie ehrenamtlich die Kinder mitbetreute.
Jugend im Fokus
Heute ist die Kita einer von fünf Arbeitsbereichen der ökumenischen Stiftung. Sie generiert den meisten Umsatz, hat die meisten Angestellten und betreut bis zu 100 Kinder jährlich aus der Region. Daneben gibt es die Jugendarbeit Giuventegna Cadi, die Jugendliche betreut und ausbildet. Die Camps Cadi bietet jährlich Freizeiten in europäischen Hauptstädten an. Und es gibt die «Arena», eine Art grüne Wiese, auf der die Stiftungsmitglieder neue Projekte unkompliziert ausprobieren können.
Essen für Bedürftige
Hier ist beispielsweise die Foodbank entstanden, die Bedürftige mit Lebensmitteln versorgt. Und nicht zu vergessen: die Partnerschaft Mbara Ozioma im Süden Nigerias, benannt nach einem katholischen Priester, der auch in Disentis aktiv war. Die Stiftung begleitet ein Berufsschulzentrum für Menschen in Nigeria ideell und finanziell.
Für Nigeria braucht es Unterstützung
Im Herbst will Pfarrer Zingg nach Afrika reisen, um sich über das neuste Projekt, das Songhai Farming, eine nachhaltige Landwirtschaftsform in Nigeria, zu informieren. Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit ist eine von Zinggs Hauptaufgaben. Rund 140 000 Franken werden bis Ende des Jahres in Nigeria benötigt. Zingg weiss um die Schwierigkeit dieser Aufgabe. Dennoch bleibt er zuversichtlich, die dringend benötigten Mittel für das Projekt Mbara Ozioma zu bekommen.
Von Zürich nach Disentis
«Die Vielfalt der Aktivitäten sind der Grund, warum ich hier bin», sagt der Pfarrer. Denn mit kirchlich-sozialen Projekten kennt Zingg sich aus. Hat er doch zuvor die Zürcher Stadtmission, heute Solidara, und das Sozialwerk Pfarrer Sieber geleitet. So setzt er nun seine Fähigkeiten im diakonischen Bereich dafür ein, die Stiftung «mo vinavon» mit den Menschen vor Ort zukunftssicher zu machen. Denn der Generationenwechsel wie auch der Strukturwandel wollen bewältigt werden. «Gemeinsam schaffen wir das», ist sich Christoph Zingg gewiss.
Region hat zu kämpfen
«Die Stiftung gibt unseren Ideen einen guten Rahmen», sagt Zingg. Und auch die Region fasziniert ihn. Immer wieder sucht er nach Vernetzungsmöglichkeiten, um zu erfahren, wie die Gegend wahrgenommen wird. Das Dorf und die Region müssten trotz ihrer Grösse immer wieder um Gegenwart und Zukunft kämpfen. Dass die reformierte Kirchgemeinde mit ihrer eigenen Stiftung einen wichtigen Beitrag zur Standortqualität leistet, hält der Pfarrer für essenziell.
Zwei Welten
Verlässt man das noch junge Aua Viva mit dem idyllischen Sumpfgebiet unten am Fluss und steigt hoch ins Dorf, dann erhebt sich vor einem das 1140 Jahre alte Kloster Disentis. Es sind zwei ganz verschiedene Welten.
Gelebte Ökumene
Die Cadi, abgeleitet von Casa Dei (Haus Gottes), bezieht sich auf das Kloster Disentis und beschreibt die Region zwischen dem Oberalppass im Westen und Breil/Brigels im Osten. Hauptsprache ist Sursilvan. Im überwiegend katholischen Gebiet wird 1986 die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde der Cadi gegründet. Es gibt einen verstärkten Zuzug Reformierter durch Kraftwerksbauten am Vorderrhein. 1991 wird in ökumenischer Einheit die Stiftung «Tür auf – mo vinavon» gegründet. Mittels verschiedener Projekte bringt sie die Zusammenarbeit im sozio- und interkulturellen Bereich voran. Am 8. Juni feiert sie ihr 33-jähriges Jubiläum.