«Als Mensch und Künstler bleibe ich ein Suchender»

Wie haben Sies mit der Religion, Herr Halter?

Ich bin ein existenzieller Zweifler. Aber ich glaube nicht an einen allmächtigen Gott. Nicht mehr. Weil ich nicht glauben kann, dass wenn es einen Gott gäbe, er Millionen von unschuldigen Menschen so brutal sterben liesse. In meinem Roman «Erwachen im 21. Jahrhundert» schrieb ich: «Nachdem ich in der achten Klasse zum ersten Mal vom Holocaust hörte, änderte sich für mich die Klangfarbe des Wortes «menschlich», ohne dass ich hätte sagen können weshalb.

Was sagen Sie als Autor und Sprachkünstler zur Bibel und ihren Texten?

Mit dem Berliner Klassik-Ensemble Continuum habe ich ein literarisch-musikalisches Projekt, das sich mit der Passionsgeschichte auseinandergesetzt. Jesus selbst blickt auf die Religion, die in seinem Namen begründet wurde, fragt sich, was christliche Werte seien und inwiefern diese verraten wurden und werden. Jesus wird als Mensch gezeigt, der zweifelt, an sich, der Religion und der Welt.

Sie arbeiten mit Sprache und als bildender Künstler. Welche Rolle spielen Spiritualität und Glaube in Ihren Werken?

Das erste Album meines neuen Musikprojektes Achtung Niemand heisst «Wir sind gute Menschen». In den Liedern geht es auch um Fragen des Glaubens: Was ist gut? Was ist böse? Wo heben sich die beiden in einem auf? Lieder übers Leben und die Endlichkeit. Auch in meinen Gedichten kommen Religion und Glauben immer wieder vor. In «Erdwissenschaften» schreibe ich: «In allen Religionen gibt es eigentlich nur einen Gott, den der Schwerkraft. Oder weshalb werfen sich Gläubige auf den Boden anstatt in die Luft zu springen?»

Sie bezeichnen sich selber als «in Bewegung». Was bewegt Sie?

Ich bin noch nicht angekommen. Als Mensch und Künstler bleibe ich ein Suchender. Bis auf Weiteres.