Gretchenfrage 22. Juli 2021, von Thomas Illi

«Die Liebe ist ja in allen Religionen der Boden»

Gretchenfrage

Theater-Leiterin Hanna Scheuring befindet sich seit ihrer Jugend auf einem Weg des Forschens, der bis heute andauert.

Wie haben Sies mit der Religion, Frau Scheuring?

Religion begleitet und interessiert mich mein ganzes Leben lang. Ich bin das ganze Leben am Forschen.

Sie waren als Jugendliche Mitglied einer evangelikalen Freikirche.

Mit 13 engagierte ich mich in der Bewegung des Evangelisten Wilhelm Pahls. Ich wurde im Luzernischen in einem riesigen Zelt bekehrt. Meine Eltern erschraken damals sehr. Von dieser Gemeinschaft fühlte ich mich getragen. Später trat ich wieder aus, weil es mir zu eng wurde und mich viele andere Wege auch interessierten. Da begann meine Zeit des Forschens, auf verschiedensten Pfaden der unterschiedlichen Religionen und spirituellen Wegen, die bis heute andauert.

Wo stehen Sie auf diesen Wegen?

Ich weiss es mit dem Älterwerden immer weniger. Etwas stärkt sich, was man den Glauben an die Liebe nennen könnte. Die Liebe ist ja im Endeffekt in allen Religionen der Grund und Boden. Aber woher alles kommt und wohin es führt, ist mir immer weniger klar. Was etwa nach dem Tod kommt, ist auch unwichtiger geworden. Wichtig ist eher: Was ist jetzt?

Im Bernhard-Theater haben Sie das Format «Heiliger Bernhard» ini­tiiert. Was ist ein «heiter-philosophisch spiritueller Stammtisch»?

Das Theater entsprang ja im Prinzip den religiösen Riten, jedenfalls bei den Griechen. Religion und Theater gehörten zusammen. Heute ist alles wie in unterschiedliche Kästchen versorgt: In der Kirche denkt man über den Sinn des Lebens nach, im Theater unterhält man sich, in einem Seminar diskutiert man philosophische Abhandlungen. Wir wollen diese Kästchen ein bisschen aufbrechen und es möglich machen, in einer Theater-Atmosphäre über spirituelle Themen zu reden. Das ist ein spielerischer Weg, wieder neue Zugänge zu öffnen, Grenzen aufzuheben – auch die Grenzen zwischen den verschiedenen Religionen.