Sie denkt die Welt als grossen Garten

Kunst

Engagiert für Biodiversität: Duscha Padrutt realisiert Kulturprojekte, bei denen Asphalt aufgebrochen wird und die Natur Raum zurückerhält. 

Vom Tal führt eine Standseilbahn ins autofreie Bergdorf Braunwald im südlichen Glarnerland. An der Endstation wartet fröhlich lachend Duscha Padrutt mit ihrem Faltvelo. 

20 Minuten geht es zu Fuss bergaufwärts zum Kulturhaus Heuerberg. Dieses ist für die 55-Jährige zu einem zweiten Zuhause geworden, als Ausgleich zu ihrem Leben in Bern. Dieser Ort mit Platz für Kunstschaffende, Möglichkeiten für Ferien und einem vielfältig blühenden Biogarten liegt ganz nah von da, wo Duscha Padrutt teilweise ihre Kindheit verbracht hat. Im Jahr 1980 zogen ihre Eltern mit den zwei Kindern von Zürich nach Braunwald, fünf Jahre später dann ins Tal in das Dorf Ennenda.

Mäandrierender Lebenslauf

So lebte Duscha Padrutt ab elf Jahren bis nach dem Gymnasium in der beeindruckenden Bergwelt des hinteren Glarnerlands. «Ich wuchs in einem künstlerisch-philosophischen Haushalt auf, und ich liebte die Stille der Berge», sagt sie. 

Als Kind wollte sie Bäuerin oder Schauspielerin werden. Doch nach der Schulzeit begann «ein zwischen Kunst und Nachhaltigkeit mäandrierender Lebenslauf» in der Stadt Bern, wie Padrutt es selbst nennt. Und weil ihr geraten wurde, etwas «Seriöses» zu lernen, entschied sie sich für ein Jura-Studium. 

Mit der Zeit kam der Wunsch auf, etwas zu gestalten, das bleibt.

Doch statt einer Karriere im Büro oder Gerichtssaal ging es nach dem Abschluss bewegt weiter: Sie wechselte in die Öffentlichkeitsarbeit und fand mit der Zeit auch zur künstlerischen Welt zurück, in der sie sich heimisch fühlt. «Bilder, Theater, Musik und schillernde Sprache waren für mich immer eine Art Lebenselixier», sagt Duscha Padrutt. 

Zunächst engagierte sie sich mit kreativen Ideen ehrenamtlich beim Verein Läbigi Stadt in Bern. Eine wichtige berufliche Station sei dann die Organisation von Theaterspaziergängen für den Berner Verein Stattland gewesen, das Vertrautwerden mit der Kunst des Spazierens. 

Der rote Faden sei immer das Vermitteln von spielerischen Zugängen gewesen. Für sie existenziell seien Fragen wie: Wie gestalten wir die Landschaft und den Raum mit unserem Unterwegssein? Was machen wir mit unseren Flächen? Wie prägt unsere Infrastruktur wiederum unser Unterwegssein? 

Die Natur machen lassen

So begann Duscha Padrutt mit dem Verein Quartierzeit für die Stadt Bern ein Programm zum autofreien Sonntag zu entwickeln, mit verschiedensten Formaten zum Experimentieren, von Velo-Fashion-Paraden bis zu Schaufensterausstellungen. «Doch mit der Zeit kam der Wunsch auf, etwas zu gestalten, das bleibt», sagt sie.

Es gefällt mir, wie sich Projekte mit den Beteiligten und den Orten verändern. So wachsen sie und werden es hoffentlich weiterhin tun.

So rief Padrutt mit dem Berner Wildpflanzenmärit das Projekt «entsiegeln.art» ins Leben. Das Projekt will sichtbar machen, wie unnötig asphaltierte Flächen «entsiegelbar» sind, um die Wasserkreisläufe wieder herzustellen und danach «die Natur ihre Kunst machen zu lassen». 

Letztlich sei alles ein Garten, dem die Menschen gemeinsam Sorge zu tragen hätten, erklärt sie. «Pflanzen, Kleintiere und Insekten machen ja schliesslich nicht halt an Grundstückgrenzen.» Bereits vier Quadratmeter biodiverse Fläche alle 50 Meter können dazu beitragen, die Vielfalt der Arten an einem Ort zu erhalten.

Vielfalt macht glücklich

Auch innovative Firmen aus Architektur, Gesundheit oder Tourismus seien am Thema interessiert. Demnächst wird sie ein Unternehmen im Reisesektor bei Entsiegelungsaktionen unterstützen. Das Fördern entsiegelter Flächen sei sowohl ein Gebot der Zeit als auch ein Standortvorteil für Gemeinden, meint Padrutt. «Denn an vielfältig begrünten Orten fühlen sich nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern auch die Menschen wohl.»

So wie Duscha Padrutt im verträumt wirkenden Dorf Braunwald, wo sie ab Ende August eine kleine Atelierwohnung mietet. Sie freut sich auf die weitere Entwicklung: «Es gefällt mir, wie sich Projekte mit den Beteiligten und den Orten verändern. So wachsen sie und werden es hoffentlich weiterhin tun.»