«Was für eine Ehre», sagt Manuel Dürr. Und im nächsten Atemzug: «Wie beängstigend, Werke zu schaffen, die ihren Platz an einem so bedeutenden Ort bekommen.» Ehrfürchtig sei er ans Werk gegangen, als er mit den Skizzen begonnen habe. «Ich habe versucht, mich davon nicht lähmen zu lassen.» Jetzt ist er einfach glücklich, dass er pünktlich fertig geworden ist, und erleichtert, dass er die Verantwortung für die Bilder bald abgeben kann.
Gut 1000 Künstler und Künstlerinnen aus 80 Ländern machten beim Wettbewerb des Vatikans mit, der 400 Jahre nach der Einweihung des Petersdoms einen neuen Kreuzweg in Auftrag geben wollte. Einstimmig zum Sieger erklärt wurde Manuel Andreas Dürr. Er ist 36 Jahre alt, Maler aus Biel, Vater dreier Kinder, reformiert.
Besonders gelobt wurde von der Jury die «tiefgehende Spiritualität und künstlerische Qualität» seines Wettbewerbsbeitrags. Mit diesem prestigeträchtigen Auftrag war auch die Frage geklärt, die sich der Maler vorher oft gestellt hatte: Sollte er sich als Familienvater nicht endlich einen «richtigen» Beruf suchen, anstatt darauf zu setzen, allein von seiner Kunst zu leben?
Das Licht als Verbindung
Manuel Dürr zeichnete und malte schon als Kind gerne. «Beim Malen hat man einen klaren Fokus auf ein Thema oder ein Objekt. Ein Gemälde ist ehrlich und nicht flüchtig.» Gerade in Zeiten von Social Media und KI-Fotos sei das wichtig. Vor allem seine Mutter ermutigte ihn, seiner Leidenschaft professionell nachzugehen. Dürr studierte Malerei an der Kunstakademie in Florenz. Mit der Kreuzwegthematik setzte er sich bereits vor dem Grossauftrag künstlerisch auseinander.
Licht spielt eine wichtige Rolle in Dürrs «Via Crucis». Es soll eine Verbindung zwischen den 14 Stationen sein und ein Eindruck, der bleibt. «Nicht das Dunkle, das Leiden Jesu, wollte ich dominieren lassen. Es ist das Licht, das obsiegt.»
Manuel Dürr hat selber einen tiefen Glauben. Seine Beziehung zu Jesus habe ihm bei der Gestaltung seines Kreuzwegs geholfen, sagt er. Rasch war für ihn auch klar, wie Jesus auf den Bildern aussehen sollte. Figurativ und klassisch: So kann man es zusammenfassen, ohne zu viel zu verraten. Denn vor der Enthüllung in Rom dürfen die Gemälde nicht öffentlich gezeigt werden.
Das Werk, das ihn überleben wird
Manchmal, wenn Dürr auf dem Sofa sitzt und seinen Bildern beim Trocknen zusieht, wird ihm bewusst: Sie werden ihn überleben. Er hatte den Auftrag, ein Werk für Generationen zu schaffen. Erstmals in seiner Künstlerkarriere durfte er beim Material aus dem Vollen schöpfen: Die Rahmen wurden eigens gezimmert, die belgische Leinwand gehört zu den teuersten.
Ist der Künstler denn zufrieden mit seinem Werk? Er überlegt. «Ich habe das Beste gegeben, was ich kann.» Steht auf und dreht ein Gemälde um, damit die Farbe regelmässig trocknet.