Meinung 25. Juni 2021, von Felix Reich

Entscheidend sind die Interessen der Schweiz

Diplomatie

Die EKS gewinnt nichts, wenn sie konfessionelle Gräben bearbeitet. Sie hat aber gute Gründe, einen institutionalisierten Kanal ins Bundeshaus zu fordern.

Ob Bischofsweihe oder Papstbesuch: Die Katholiken beherrschen die Kunst der Inszenierung. Zudem fliegt der Papst nicht nur als religiöser Würdenträger um die Welt, sondern auch als Staatsgast. Die Reformierten hingegen sind keine Weltkirche, obwohl die Reformation ein Exportschlager ist. Nicht einmal im Bundeshaus haben sie eine offizielle Ansprechperson. Religion ist Kantonssache. Was bekanntlich heisst: von Kanton zu Kanton verschieden. 

Die Befürchtung der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), dass eine Botschaft im Herzen des Katholizismus diese
Schieflage verstärkt, ist berechtigt. Die Angst, zu kurz zu kommen, ist trotzdem ein schwaches Argument gegen eine Aufwertung der Beziehungen zum Vatikan. 

Gemeinsam geht es besser

Indem sie eine Botschaft im Vatikan eröffnet, bekennt die Schweiz sich nicht zum Katholizismus. In der Diplomatie geht es um Interessensvertretung. Zu klären ist, ob die Schweiz und der Vatikan in der internationalen Friedensarbeit, die Kleinstaat und Kleinststaat verbindet, zusammenspannen können. Und sollte es einer Schweizer Botschafterin gelingen, in Rom Werbung zu machen für das Schweizer System mit öffentlich-rechtlich anerkannten katholischen Körperschaften, in denen Frauen nicht nur beten und arbeiten, sondern auch entscheiden dürfen, ist auch den Reformierten geholfen. Katholische Angriffe auf das duale System schaden den reformierten Landeskirchen ebenso. Ob solche Ziele erreicht werden und sie die Kosten für eine Botschaft rechtfertigen: Daran gilt es die Botschaftspläne zu messen. 

Die EKS gewinnt nichts, wenn sie konfessionelle Gräben bearbeitet. Unabhängig von der Botschaftsfrage, die sie getrost der Politik überlassen kann, hat sie aber gute Gründe, einen institutionalisier-ten Kanal ins Bundeshaus zu fordern. Und wer weiss, vielleicht mag die Bischofskonferenz die Forderung ja unterstützen.