Statt den Traditionsabbruch zu beklagen und in Lethargie zu verfallen, stellt sich die Aargauer Landeskirche auf dem Markt der Rituale der säkularen und patchworkreligiösen Konkurrenz.
Damit sendet sie ein Signal über die Kantonsgrenzen hinaus, das ihr hoch anzurechnen ist. Will die Kirche ihren Anspruch einlösen, nahe bei den Menschen zu sein, muss sie bereit sein, ihre Rituale und Sprache zu hinterfragen. Freilich ist sie dennoch keine beliebige Ritualagentur. Die reformierte Kirche steht auf dem Boden der christlichen Kirchengemeinschaft und der evangelischen Theologie. Kappt sie ihre Wurzeln, verliert sie Halt und Glaubwürdigkeit.
Dieser Gefahr ist sich die Aargauer Kirche bewusst. Das Segensobligatorium, das sie ihren Pfarrerinnen und Pfarrern vorschreibt, ist jedoch ein hilfloser Versuch, Bruchstücke der reformierten Liturgie in die Zeit der individualisierten Spiritualität zu retten.