Die Sitzung wurde mit Spannung erwartet. Am 31. Oktober sollte das Kirchenparlament der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Zürich über die Sockelfinanzierung von Solidara entscheiden. In den letzten Wochen sorgte der Vorschlag der Kommission für Diakonie-, Bildung- und Kommunikation (DBK) für Diskussionen: Sie wollte die jährliche Unterstützung von 497 000 Franken für das Zürcher Hilfswerk nur für die nächsten zwei und nicht für vier Jahre bewilligen. Dies mit der Begründung, dass das aus der Zürcher Stadtmission 2016 hervorgegangene, nunmehr konfessionell neutrale Werk seine «christlichen Wurzeln» verlassen habe.
Keine Debatte über Solidara-Finanzierung
Das Kirchenparlament hat entschieden, die Diskussion um die langfristige finanzielle Unterstützung des Hilfswerks Solidara vorerst nicht zu führen. Wegen eines formalen Konflikts.
Überraschende Wende
Ein paar Tage vor der Sitzung kam es zur überraschenden Wende: Die DBK beantragte, gar nicht erst auf die Weisung der Kirchenpflege zur Verlängerung der Solidara-Finanzierung einzutreten. Die Kommission wirft der Kirchenpflege formale Fehler vor und «rügt die Pflichtverletzung» der Exekutive.
Die Kirchenpflege habe bereits im Juni 2023 eigenständig beschlossen, Solidara weiterhin jährlich mit knapp 500 000 Franken zu unterstützen und Solidara entsprechend informiert – ohne dem Parlament die Möglichkeit zu geben, darüber abzustimmen. Dadurch sei die Vereinbarung stillschweigend über 2024 hinaus verlängert worden, da keine fristgerechte Kündigung eingereicht worden sei. Ausserdem sei kein Zwischenbericht vorgelegt worden, obwohl dies die Kirchenpflege versprochen habe.
«Hervorragende Arbeit»
An der Sitzung sagte DBK-Vizepräsidentin Priscilla Schwendimann zu Beginn daher unmissverständlich: «Die Kirchenpflege hat das Parlament um sein Mitspracherecht gebracht und die Gewaltentrennung missachtet». Untermauert wurde diese Aussage von einem Rechtsguthaben, das die DBK im Vorfeld in Auftrag gegeben hatte.
Kirchenpflegerin Claudia Bretscher gestand ein, der Pflicht, einen Zwischenbericht vorzulegen, nicht nachgekommen zu sein und entschuldigte sich dafür. Nichts wissen wollte sie jedoch von einer Verletzung demokratischer Prozesse. Das Kirchenparlament sei genügend dokumentiert worden, um das Geschäft zu beurteilen. Das Werk leiste mit dem Café Yucca für Randständige und der Beratungsstelle für Sexarbeitende, Isla Victoria, hervorragende Arbeit und sei in Zürich extrem wichtig. Bretscher forderte das Parlament daher auf, auf das Geschäft einzutreten und damit zum eigentlichen Thema überzugehen: «Ist Solidara mit diesen Statuten würdig, von der Kirchgemeinde unterstützt zu werden oder nicht.»
Eindringliche Voten
Auch in einigen leidenschaftlichen Wortmeldungen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier wurde deutlich, dass eine inhaltliche Debatte bevorzugt würde, statt sich in «juristischem Hickhack» zu verlieren (Werner Stahel). Philippe Schultheiss plädierte für ein Eintreten, um Solidara nicht weiter im Ungewissen zu lassen und finanzielle Sicherheit zu gewährleisten. Ursina Flausch betonte die Bedeutung der Arbeit von Solidara und appellierte: «Lasst uns über die wichtige Arbeit sprechen – tretet bitte ein.» Die meisten Parlamentarier folgten jedoch der DBK und plädierten dafür, zu einem späteren Zeitpunkt formal korrekt über die ursprünglich aufgeworfene Kernfrage - christlich oder nicht - zu befinden.
Schliesslich stimmten 21 für das Nicht-Eintreten, 16 für das Eintreten, eine Person enthielt sich.