Justitia et Pax – eine Kommission der Bischofskonferenz – hat den Bundesrat in Sachen Armenien zum Handeln aufgefordert. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) hat sich dem Appell angeschlossen. Worum geht es?
Wolfgang Bürgstein: Nach dem Völkermord von 1915 ist Armenien heute wieder Opfer ethnischer Säuberung, diesmal durch die Vertreibung der armenischen Bevölkerung von Berg-Karabach durch Aserbaidschan im September 2023. Justitia et Pax sieht die Gefahr einer weitergehenden kriegerischen Auseinandersetzung und fordert zusammen mit den evangelischen Kirchen der Schweiz, dass die Schweiz sich mehr engagiert. Ich hoffe sehr, dass die offizielle Schweiz die Signale der beiden Kirchen hört und unsere bewährten aussenpolitischen Prinzipien auch im Fall Armeniens zur Geltung bringt.
Werner Thut, die Schweiz will bei der Entwicklungszusammenarbeit sparen und in Rüstung investieren. Warum ist das der falsche Weg?
Werner Thut: Über Krieg und Frieden in Europa wird nicht allein auf den ukrainischen Schlachtfeldern entschieden. Russland führt in mindestens fünf Ländern vom Balkan bis in den Südkaukausus einen intensiven Propaganda-Krieg um die Herzen und Köpfe, mit dem Ziel, den Verteidigungswillen, Zukunftshoffnungen und Regime-Stabilität dieser Länder zu untergraben. Deshalb tragen wir beispielsweise in Armenien mit zivilen Projekten der Entwicklungszusammenarbeit auch zu dessen Sicherheit bei. Dies ist ein Beitrag zur Sicherheit in Europa. Damit ist die Entwicklungspolitik die wirksamste Sicherheitspolitik der Schweiz im globalen Rahmen. Dieses Engagement muss auch künftig gesichert sein.