Vereinter Warnruf an den Bundesrat

Entwicklungspolitik

«Kollaps der internationalen humänitären Strukturen droht»: In einem offenen Brief an den Bundesrat warnen Hilfsorganisationen und evangelische und katholische Kirchen.

«Die Schweiz darf nicht schweigen»: Das halten namhafte Organisationen in einem offenen Brief an den Bundesrat am 12. Februar fest. Unterschrieben haben Leitungspersonen von Caritas, Fastenaktion und vom Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz (Heks) sowie der Evangelisch-reformierten Kirche der Schweiz (EKS) und der Schweizerischen Bischofskonferenz.

Mit dem Usaid-Stopp drohe ein Kollaps der internationalen humanitären Strukturen, heisst es im Brief. «Mit grosser Besorgnis» verfolgten die Unterzeichnenden die jüngsten Entwicklungen rund um die Entscheidung der Vereinigten Staaten, ihre Beiträge an UNO-Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation einzustellen sowie die Behörde für Entwicklungszusammenarbeit (Usaid) zu schliessen. Die Vorgänge in den USA betreffen die Arbeit auch von Schweizer Organisationen teils empfindlich.

«Dramatische Auswirkungen»

Die Unterzeichnenden sehen «dramatische Auswirkungen auf die weltweite Unterstützung der Ärmsten» kommen. Unzählige Programme in der humanitären Nothilfe und internationalen Zusammenarbeit würden Gefahr laufen, ihre Arbeit nicht mehr weiterführen zu können. «Die Folgen für Millionen von Frauen, Kindern, alten, kranken sowie beeinträchtigten Menschen in den prekärsten Regionen der Welt wären fatal», heisst es im Offenen Brief. Und dies zu einer Zeit, in der es weltweit so viele parallele Krisen und Konflikte wie nie zuvor gebe. 

Die Weltgemeinschaft hat sich in der Agenda 2030 zu nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung verpflichtet und darf nicht schweigen, wenn diese Ziele auf dem Spiel stehen.
Offener Brief an den Bundesrat

Gefährdet seien lebensnotwendige Grundversorgung wie medizinische Hilfe, Nahrung, Wasser und Unterkunft. Bedroht seien auch der Zugang zu Bildung für Millionen von Kindern, die andernfalls keinerlei Schulbildung erhielten, und die Bekämpfung von potenziell tödlichen Krankheiten wie HIV, Ebola und Malaria. 

«Die Weltgemeinschaft hat sich in der Agenda 2030 zu nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung verpflichtet und darf nicht schweigen, wenn diese Ziele auf dem Spiel stehen», halten die Unterzeichnenden der Schweizer Regierung vor, wozu diese sich eigentlich verpflichtet hat. 

«Morgen kann es für Millionen Menschen zu spät sein»

Der Schweiz komme dabei eine besondere Verantwortung zu: Als Hüterin der Genfer Konventionen und Sitzstaat zentraler UNO-Organisationen für humanitäre Angelegenheiten dürfte sie nicht hinnehmen, dass Gelder radikal gestrichen, Menschenleben mutwillig gefährdet und Errungenschaften der Entwicklungszusammenarbeit zunichte gemacht werden. «Wir müssen jetzt handeln, denn morgen kann es für Millionen von Menschen bereits zu spät sein», fordert der Offene Brief. Die humanistische Tradition unseres Landes verpflichte die Schweiz, verpflichte den Bundesrat, aktiv einzugreifen. 

Vereint und mit Nachdruck heisst es schliesslich: «Wir fordern Sie daher eindringlich auf, sich mit aller Kraft und Entschiedenheit auf diplomatischem Wege für den Erhalt der humanitären Strukturen, insbesondere in der UNO, einzusetzen.» Im Namen der Schweiz solle sich der Bundesrat dafür starkmachen, dass die wohlhabenden Länder ihre Verantwortung gegenüber den ärmsten Menschen der Welt wahrnehmen würden und die Entwicklungszusammenarbeit nicht weiter ausgehöhlt werde. Dabei sehen die Organisationen und Kirchen die Schweiz besonders gefordert: Sie müsse «eine führende Rolle in diesem globalen Kraftakt übernehmen.»