Schon als Kind führte sie Hacke und Karst

Garten

Beatrice Pulfers Herz schlägt für den Familiengarten. Als Verbandspräsidentin in Biel weiss sie, wie wichtig diese auch Schrebergärten genannten Anlagen für viele Menschen sind.

Noch ist der Kiesweg gefroren, und die Sonne wärmt die Luft an diesem Morgen im frühen März nur zaghaft. Aber das helle Licht kündet vom Frühling, und gelbe Krokusse sind auch schon zu sehen.

«Hier ist unser Garten.» Die Frau mit den kurzen grauen Haaren deutet auf eine eingezäunte Parzelle und öffnet das Gatter. Der Pfad führt zwischen exakt angelegten Beeten, einem Spaliergestell, Rosenstöcken, einer Rabatte mit Gewürzen und einem Teich zu einem kleinen Holzhäuschen. Rundherum sind weitere solcher Gärten angelegt, einer am anderen, Beet für Beet. Dies ist der Familiengarten Biel Mett. Er ist mit seinen 270 Parzellen die grösste von insgesamt fünf solcher Anlagen auf Bieler Stadtgebiet.

Wenn das Licht erstarkt

Familiengärten, oft auch Schrebergärten genannt, sind für viele Leute, die eine Parzelle gepachtet haben, tatsächlich kleine Familienparadiese. Hier kommen kleine Kinder erstmals in Kontakt mit dem Werden und Wachsen, Blühen, Summen und Krabbeln in der Natur. Hier erprobt der Vater am Häuschen sein handwerkliches Können, experimentiert die Mutter mit seltenen Gewürzstauden, trifft sich die Verwandtschaft sonntags zum Grillen, es entstehen Kontakte und häufig auch Freundschaften über den Zaun.

«Für mich ist der Frühling immer die schönste Zeit, wenn das Licht erstarkt, die Natur sich zu regen beginnt und es Zeit wird, mit der Arbeit im Garten anzufangen», sagt Beatrice Pulfer. Aufgewachsen ist die 75-jährige Bielerin in der Nähe von St. Gallen. «In einem Bauernbetrieb, auf dem wir sechs Kinder alle unsere Aufgaben hatten. Meine war der Garten, ich meldete mich immer freiwillig.»

Später heiratete sie einen ebenfalls gartenbegeisterten Eisenbahner. Die beiden verbrachten viel Zeit im Schrebergarten in Biel, oft waren auch die drei Kinder dabei. Das Ehepaar engagierte sich im Vorstand des örtlichen Familiengarten-Verbands, Beatrice Pulfer übernahm von ihrem Mann Willy das Präsidium, als dieser vor zwölf Jahren verstarb. In dieser Funktion hat sie auch einen Sitz im Schweizerischen Familiengarten-Verband.

Viele Leute entdecken heute die Freude am Gärtnern neu.
Beatrice Pulfer

Als Funktionärin ist sie jeweils besonders mitgefordert, wenn Gärten einem Bauprojekt weichen müssen und Ersatzsuche ansteht. Wie derzeit in der Gemeinde Brügg, wo Biel ein neues Spital plant. Beruflich war sie Anhören und Verhandeln aber gewohnt. Jahrzehntelang arbeitete sie in einem kleinen Immobilien- und Treuhandgeschäft.

Ihr Engagement in der Familiengarten-Szene sieht sie als «Dienst an der Gesellschaft». Speziell für Menschen in der Stadt seien Familiengärten ein idealer Ausgleich zum Leben in der Mietwohnung, sagt sie. Genutzt werde das Angebot von Menschen aus vielen Nationen, auch mit Wurzeln im Nahen und Mittleren Osten. Speziell von dieser Seite bekomme sie als ältere Frau oft ungefragt Hilfe, wenn sie im Garten etwas nicht allein schaffe. «Die Einheimischen helfen auch, aber man muss sie zuerst fragen.»

Ideal für soziale Kontakte

Das allgemeine Interesse am Gärtnern sei wieder am Erwachen, auch bei der jüngeren Generation, beobachtet Beatrice Pulfer. Früher hätten die Leute ihren «Pflanzblätz» im Schrebergarten meist zur Selbstversorgung genutzt, heute stünden die Erholung und das Interesse an der Natur im Vordergrund.

Sie selbst kombiniert das eine mit dem anderen. «Ich geniesse die Kontakte im Familiengarten, freue mich aber auch über mein selbst gezogenes Gemüse.» Sachte hebt sie die Abdeckung ihres Frühbeets an. Schöne, kräftige Salatsetzlinge kommen zum Vorschein. «Die habe ich im Januar zu Hause gesät, dann pikiert und hier eingepflanzt», erklärt sie. Und schliesst dann den Deckel wieder. Der Salat braucht noch Schutz, denn so richtig beginnt der Frühling erst im April.