Dankbar für alles, was gelungen ist

Kirchenjahr

Kurt Altorfer macht zum ersten Mal bei der ökumenischen Fastenwoche in Effretikon mit. Ein Augenschein am dritten Tag.  

Kurt Altorfer isst gern. Auf seine Lieblingsspeisen angesprochen, antwortet er, er möge fast alles. Dann sagt er: «Ein Cordon bleu mit Pommes frites, ein Fondue oder ein Raclette sind schon was Feines.»  

Doch im Moment sind solch üppige Speisen kein Thema. Bis zum Fastenbrechen dauert es noch vier Tage. Und danach ist erst mal leichte Kost angesagt. Sein Ernährungsplan seit drei Tagen: Wasser mit Zitronensaft am Morgen, Brühe aus ausgekochtem Gemüse am Mittag, verdünnter Frucht- oder Gemüsesaft am Abend. Und jederzeit Tee und Wasser. Seine Frau macht schon seit elf Jahren mit bei der ökumenischen Fastenwoche der Effretiker Kirchen. Er hat immer bewundert, wie sie für die Kinder und ihn kochte und dann an ihrer dünnen Bouillon nippte. «Die ist im Fall so wässrig, dass man durch sie die Zeitung lesen könnte.» 

Bei der Arbeit unvorstellbar

Jetzt war Altorfer es, der ebendiese Suppe für die ersten Fastentage zubereitete. Rüebli, Sellerie, Lauch, ein paar Kartoffeln und Gewürze, 20 Minuten lang in viel Wasser geköchelt und abgeseiht. Das übriggebliebene Gemüse hat er in den Tiefkühler gesteckt. Seine Frau habe ihn kurz gefragt, ob er nun, da er ja pensioniert sei, auch mitmache. «Ich fand, jetzt passt es», erzählt der Polier im Ruhestand. Die Jahre zuvor hatte er abgewinkt, konnte sich nicht vorstellen, ohne warmes Essen auf der Baustelle bei Wind und Wetter anzupacken. 

Jeden Abend treffen sich die Fastenden im katholischen Pfarreizentrum in Effretikon zum Austausch, zu meditativen oder spirituellen Gedankenanstössen. Und sie setzen sich mit dem Thema der diesjährigen ökumenischen Kampagne auseinander: «Weniger ist mehr». 

Altorfer ist zwar gespannt, was das Fasten mit seiner Arthrose und seinem Gewicht macht, sonst aber hat er sich nicht viele Gedanken gemacht. Er spüre nichts Besonderes, fühle sich kein bisschen erleuchtet, meint er und lacht. Was ihn aber beeindruckt: mit wie wenig man auskommen kann. «Die frischen Brötli zum Zmorge, das Feierabendbier, die Flasche Wein am Sonntag sind eigentlich reiner Luxus.» Und die Essensportionen könnten künftig auch kleiner ausfallen. 

Hunger hat der ehemalige Polier nicht. Aber er stolpert manchmal über Gewohnheiten. Beim Morgenspaziergang komme der Kaffee und das Gipfeli in den Kopf, und dann warte da halt nur der Tee. Das sind kleine Frustrationen, die ihm nicht die gute Laune verderben. Und gegen das vermehrte Frieren heizt er den Schwedenofen ein.  

Der grosse Garten

Wenn es um sein Innenleben geht, ist Altorfer eher wortkarg. Aufgewachsen ist er reformiert und kirchenfern, für den Glauben war stets seine katholische Frau zuständig, er begleitet sie ab und zu in den Gottesdienst. Lieber erzählt er, wie sehr es ihn freut, wenn ihm Bauarbeiter heute noch per Whatsapp Fotos von gelungenen Arbeiten schicken. 

Überhaupt spricht Altorfer mehr über andere als über sich selbst. Seine Tochter unterstützt er beim Ausbau ihres Campers, in dem sie bei ihrer neuen Saisonstelle in der Muotathaler Glattalphütte wohnen wird. Der Sohn und seine Frau werden im Herbst Eltern. «Eigentlich wollten wir da für ein paar Monate in die USA, das lassen wir jetzt.» 

Immer wieder scheint Dankbarkeit auf in seinen Erzählungen. Die Ehe, die Kinder, was alles gelungen ist. Bald ziehen seine Frau und er ins Haus des verstorbenen Schwiegervaters im Solothurnischen. 

Da stehen zahlreiche alte Apfel-, Kirsch- und Zwetschgenbäume, um die sie sich zuvor schon gekümmert haben. Manchmal ist die Ernte so üppig, dass jede Hilfe zum Lesen und Mosten gefragt ist. Und dann wieder können Altorfer und seine Frau alles allein bewältigen. «Sogar in schlechten Jahren haben wir mehr als genug.»