Porträt 26. Juni 2019, von Nicola Mohler

Der Koch, der Gemüse vor dem Abfall rettet

Lebensmittel

Mirko Buri kocht mit Gemüse, das nicht der Norm entspricht. Letztes Jahr verarbeitete er fast 9000 Kilo zu einer Bouillonpaste.

«Wie wir mit unseren Lebensmitteln umgehen, ist völliger Unsinn», sagt Mirko Buri und meint damit die Verschwendung von Nahrungsmitteln in der landwirtschaftlichen Produktion, im Gross- und Kleinhandel, in der Gastronomie und im Privaten.

Der ehemalige Spitzenkoch steht vor einem Klapptisch auf dem Gelände der Universität Fribourg und schält Karotten in Bio-Qualität, die optischen Ansprüchen nicht genügen und deshalb nicht in den Verkauf gelangen: Die einen Rüebli sind zu gross, andere zu klein, haben Auswüchse oder eine zu dicke Haut. Neben Buri stapeln sich Kisten mit unnormiertem Biogemüse, 1200 Kilo insgesamt. All die Tomaten, Zwiebeln, Lauch und Rüebli werden an diesem warmen Sommertag von Freiwilligen aus dem Kanton Fribourg zu einer Bouillonpaste verarbeitet, an einem sogenannten Foodoo-Factory-Event.

Das ist doch essbar

Während Schülerinnen und Schüler Gemüse schnippeln, ist der 35-Jährige ständig in Bewegung: Er wäscht Rüebli, entsorgt Rüstabfälle oder holt neue Kisten mit Gemüse. Buri scherzt mit den Jugendlichen. Ermahnt sie aber auch, wenn sie zuviel vom Rüebli abgeschnitten haben. «Das ist doch essbar», sagt Buri und schiebt sich den Karottenstrunk in den Mund.

Ausschlaggebend für Buris Engagement gegen die Lebensmittelverschwendung war die Geburt seines Sohnes vor fünf Jahren. Buri wollte mehr Zeit mit seiner Familie verbringen, anstatt von früh bis spät in den Küchen grosser Betriebe zu stehen. «Gleichzeitig sah ich den Film ‹Taste the Waste›, und mir wurde bewusst: Wir brauchen ein Umdenken im Umgang mit unseren Ressourcen», sagt er und verweist auf  zwei Millionen Tonnen verschwendete Lebensmittel, die pro Jahr in der Schweiz anfallen.

Essensbudget halbiert

Mirko Buri gründete das erste Anti-Food-Waste-Restaurant, in dem er zehnmal weniger Abfall als in herkömmlichen Restaurants produziert, ausschliesslich mit Zweit- oder Drittklassware kocht und den Biobauern für nicht verkaufbares Gemüse einen fairen Preis bezahlt.

Buri sensibilisiert nicht nur gegen die Lebensmittelverschwendung in seinem Restaurant oder an Veranstaltungen wie den Foodoo-Factory-Events. Auch privat trägt Buri seinen Teil bei: «Bei uns zu Hause landen kaum mehr Nahrungsmittel im Abfall. Eine bessere Planung von Mahlzeiten hat unser Essensbudget halbiert, aber auch wir können uns noch verbessern.»

Melken und Wässern

Zudem will Buri für sein Kind Vorbild sein. Ihm vermitteln, dass Lebensmittel nicht perfekt sein müssen und viel Arbeit in ihnen steckt. Deshalb gehen Vater und Sohn regelmässig auf den Bauernhof, wo sie melken oder den Gemüsegarten bewässern. «Mein Sohn soll wissen, woher das Essen auf seinem Teller stammt.»

Während der Anti-Food-Waste-Koch von seinem Engagement erzählt, wird der Haufen geschälter Rüebli und Zwiebeln und in Stücke geschnittenen Lauchs immer höher. 1200 Kilo Gemüse werden Buri und die Freiwilligen heute Abend gerüstet und zu einer Bouillonpaste verarbeitet haben. Mit solchen und anderen Aktionen rettete die von Buri 2018 mitgegründete Foodoo-Factory letztes Jahr 8595 Kilo überschüssiges Gemüse vor dem Abfall. «Restenverwertung ist besser als billiger Import von Lebensmitteln», ist Buri überzeugt.

Mirko Buri, 35

Als Mitglied von «United Against Waste» referiert er vielerorts über den nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln. Er gründete die Firma «Mein Küchenchef», die ein Restaurant und ­einen Laden umfasst. Unter dem Label «Foodoo» produziert und vertreibt er nachhaltigen Convenien­ce-Food.