Eine theatralische Reise durch fünf Jahrhunderte

Theater

Unter dem Titel «Gibt’s Länder, Vater, wo nicht Berge sind?» planen Theater Chur und Evangelische Kirchgemeinde sieben Aufführungen zum Reformationsjubiläum.

Die theatralische Ideenreise führt durch fünf Jahrhunderte. Im Hintergrund steht das Stück «Wilhelm Tell» (1545) des ehemaligen Churer Mönchs und späteren Reformators und Arztes Jakob Ruf. Dieser nahm den Schweizer Gründungsmythos zum Anlass, um Zeitgenossen die Reformation und die Notwendigkeit zur Einigkeit näherzubringen.

Viele Bühnen. Für die Zuschauer bewegen sich die Ereignisse der Reformationsgeschichte an unterschiedlichen Orten der Kirche, zum Beispiel im Chor, am Kirchturm und am Hintereingang. Zuletzt verwandelt sich die Martinskirche in einen «Raum der Ideen». Regisseur Andreas Herrmann: «Wir bewegen uns zwischen dem Reformations-Drama um Wilhelm Tell und unseren heutigen Fragen, unserer Suche nach Gewissheiten in einer von uns komplex empfundenen Welt.» Die Menschen vor 500 Jahren hätten sich in einer Übergangszeit befunden. «Befinden auch wir uns heute in einer Übergangszeit?», fragt Herrmann «Oder sogar in einer Zeitenwende? Oder sind es nur Zuckungen, kleine Ausschläge, denen wir allzu grosse Bedeutung beimessen?»

Die Aufführung will diesen Fragen rund um Jakob Rufs «Wilhelm Tell» nachgehen. Mit Texten aus verschiedenen Zeiten und Zusammenhängen, mit Liedern und Chorwerken, mit Argumenten und emotionalen Aufwallungen, mittels ganz verschiedener Spielformen, in dem sich wandelnden Kirchenraum.

Regisseur Andreas Herrmann wuchs in einem Pfarrhaus auf und ist Grau­bünden familiär verbunden. Drei Profi-SchauspielerInnen, ein Profi-Sänger, eine Spielertruppe aus Amateurinnen und Amateuren – darunter ehemalige und künftige Konfirmanden – und ein Chor unter Leitung von Heinz Girschweiler führen durch diese Achterbahn der Gefühle und Argumente.

Der Churer Pfarrer und ehemalige Schauspieler Erich Wyss gab den An­stoss für diese Aufführung. Er entdeckte – aufmerksam gemacht durch Andrea Kauer, Direktorin des Rätischen Mu­se-ums – die Texte von Jakob Ruf. «Es hat sich schnell gezeigt, dass Jakob Rufs Stück vor allem im damaligen Kontext verständlich ist», sagt Erich Wyss. Für die Churer Aufführung werde man seinen Text als «Steinbruch» verwenden können, ebenso wie die Auszüge aus dem berühmten Wilhelm Tell von Schiller, sowie zeitgenössische Texte.

Viele Fragen. «Es fällt uns nicht leicht, unsere Gegenwart zu überblicken», kommentiert Andreas Herrmann. Aber das sei vielleicht ganz grundsätzlich das Wesen von Zeitgenossenschaft, dass die Gegenwart noch nicht Teil einer Geschichte sein kann.

«Max Frisch hat geschrieben: Ich befinde mich stets in Unkenntnis der Lage», so Herrmann. Man könne aus diesem Zitat die drängenden Fragen ablesen: Was bedeutet meine, unsere Gegenwart? Wo stehe ich, stehen wir? Und wo soll es hingehen?

Aufführungen

«Gibt’s Länder, Vater, wo nicht Berge sind?» vom 14. bis 16. und 20. bis 24. September 2017, jeweils um 20 Uhr in der Martinskirche Chur. Reservationen beim Stadttheater Chur, 081 252 66 44, kasse@theaterchur.ch