Es war mehr als ein Gerücht, dass Kirchenratspräsident Michel Müller nach zwölf Jahren im Amt im kommenden Herbst nicht mehr kandidiert, wenn die Zürcher Kirchensynode den Kirchenrat neu wählt. Er habe sich ernsthaft überlegt, nach drei Legislaturen aufzuhören, sagt Müller auf Anfrage von «reformiert.». Doch nun hat er sich anders entschieden, weil er «einen guten Übergang gewährleisten und wichtige Geschäfte abschliessen» möchte.
Kandidatur als Übergangspräsident
Der Zürcher Kirchenratspräsident Michel Müller stellt sich für die Wahl im Oktober nochmals zur Verfügung. Länger als zwei Jahre möchte er danach aber nicht im Amt bleiben.
Zwei grosse Baustellen
Im Wort «Übergang» klingt es bereits an: Ans Aufhören denkt Müller, obwohl er «weiterhin eine grosse Motivation» für seine Aufgabe spürt. Noch eine halbe Legislatur bleiben will er, um die Staatsbeiträge des Kantons neu auszuhandeln und das kirchliche Reformprojekt «Vision 2050» aufzugleisen.
Für die Kirchen, die mit sinkenden Mitgliederzahlen konfrontiert sind, würden die Verhandlungen mit dem Kanton um die Höhe der Staatsbeiträge, die ab 2026 fliessen, kein Spaziergang, sagt Müller. Deshalb seien Kontinuität, die politische Unabhängigkeit und das Netzwerk, das er in den letzten Jahren aufgebaut habe, wichtig. Gerade weil es in allen Religionsgemeinschaften und im Kantonsrat grosse Wechsel gebe. «Zudem fühle ich mich auch von Mitarbeitenden unterstützt.»
Hoffnung auf Ruhe
Obwohl ernsthafte Gegenkandidaturen gefehlt hatten, war für Müller vor vier Jahren die Wiederwahl zur Zitterpartie geworden. Er holte nur acht Stimmen mehr als das absolute Mehr, womit ihm ein zweiter Wahlgang erspart blieb.
Seinen Entschluss, offen zu kommunizieren, dass er nur noch zwei Jahre im Amt bleibt, versteht Müller deshalb auch als «Angebot an die Synode, für eine gewisse Beruhigung zu sorgen und bei den Wahlen ein Chaos zu vermeiden». Er hofft, dass nach seiner Ankündigung auf Gegenkandidaturen verzichtet wird. «Die Fraktionen bekommen nun Zeit, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu suchen», sagt Müller. Mit ihm als Übergangspräsidenten werde 2025 ein «transparenter Wahlkampf» möglich.
Neu zusammengesetzte Synode
Darüber hinaus weist Müller darauf hin, dass viele Synodale den Wunsch geäussert hätten, Kirchenratswahlen und Neukonstituierung der Synode zu entkoppeln. Das Kirchenparlament wird am 12. März neu gewählt. Es wird im Oktober somit eine neu zusammengesetzte Synode die sechs Kirchenrätinnen und Kirchenräte wählen sowie das vollamtliche Kirchenratspräsidium bestimmen.
Michel Müller ist seit 2011 Kirchenratspräsident und Mitglied des Synodalvereins. Zuvor war er Gemeindepfarrer in Thalwil. Im Februar wird er 59 Jahre alt.