Ein Zufluchtsort in finanziellen Nöten

Diakonie

Sinkende Spendeneinnahmen bedrohen das Chrischtehüsli im Zürcher Kreis 4 existenziell. Leiter Emmanuel Parvaresh hofft auf die Kirchgemeinde Zürich, um das Hilfswerk zu retten.

Seit über 33 Jahren unterstützt das Chrischtehüsli mitten im Kreis 4 Menschen in schwierigen Lebenslagen. Doch die Beratungs- und Anlaufstelle für Randständige steht vor ernsten finanziellen Problemen. Der Leiter Emmanuel Parvaresh kämpft darum, die Türen weiterhin offen halten zu können. «Wir stehen vor einer Prüfung unseres Glaubens», sagt er. Er und seine Mitarbeiter machten aber weiter, «mit Gottes Hilfe». 

Das Werk bietet täglich 100 bis 150 Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion eine warme Mahlzeit, Unterstützung bei der Arbeitssuche, Deutschkurse oder kostenlose Dienstleistungen wie Haarschnitte. Diese diakonische Arbeit wird von einer kleinen Gruppe bezahlter Mitarbeitender und zahlreichen Freiwilligen getragen. 

Unterstützung der Kirche

Doch nun klafft für das auslaufende Jahr ein Loch in der Rechnung. Budgetiert waren für 2024 Spendengelder von rund 800 000 Franken. Infolge internationaler Krisen seien diese dramatisch eingebrochen, sagt Parvaresh. Gegenüber dem Vorjahr fehlen rund 43 000 Franken von Privatpersonen und 320 000 Franken von Unternehmen und Stiftungen sowie kirchlichen Einrichtungen. 

Da das Chrischtehüsli vollständig durch Spenden finanziert wird, bringt dies das Werk an seine Grenzen. «Wir können laufende Rechnungen nicht bezahlen, keine Rückstellungen machen, und wir haben schon gar kein Geld für dreizehnte Monatsgehälter», sagt Parvaresh. 

Von der reformierten Kirchgemeinde Zürich erhält das Chrischtehüsli 10 000 Franken pro Jahr, gelegentlich kommen Sachspenden wie etwa ein neuer Kühlschrank. 

«Die Arbeit des Chrischtehüsli ist wichtig, und das wissen wir», sagt Claudia Bretscher von der Kirchenpflege Zürich. Doch gleichzeitig betont sie, dass sich die Kirchgemeinde Zürich vor allem auf die ihr nahestehenden Werke wie Solidara und die Winterstube des Stadtklosters konzentriere, die in der Stadt ähnliche Aufgaben wahrnehmen. Ein zusätzlicher Beitrag für das Chrischtehüsli sei derzeit nicht vorgesehen. 

Das Ende der Pionierphase

Auch Christoph Sigrist, ehemaliger Grossmünsterpfarrer und Professor für Diakonie, hebt das Chrischtehüsli als einen wichtigen Teil der sozialen Hilfe in Zürich hervor. «Die Not in der Stadt ist gross, alle Hilfswerke stehen unter Druck.» 

Er sagt, dass sich christliche Werke in einer pluralistischen Gesellschaft neu positionieren müssen. Die enge Verbindung von Diakonie und Mission, die historisch zentral war, verliere an Bedeutung, da Hilfeleistung zunehmend unabhängig von konfessionellen Bindungen erfolgen müsse. Die Entkopplung erleichtere die Aufgabe, Spenden aus breiteren Kreisen zu gewinnen. 

Darüber hinaus sieht Sigrist die Notwendigkeit, dass Hilfswerke wie das Chrischtehüsli sich weiterentwickeln. «Der Übergang vom Pioniercharakter hin zu professionalisierten Abläufen ist essenziell, um eine nachhaltige Partnerschaft mit staatlichen oder kirchlichen Institutionen aufbauen zu können», sagt er. Dazu gehörten etwa klarere Strukturen der Organisation, um langfristig Fördermittel und Leistungsvereinbarungen sichern zu können. 

Wie es jetzt mit dem Chrischtehüsli weitergeht, ist ungewiss. Für den Moment hofft Geschäftsführer Parvaresh auf rasche und unkomplizierte Hilfe, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Er vertraut darauf, dass das Engagement seines Werks mehr Aufmerksamkeit erhält. 

«Wir erreichen auch jene Leute, die durch alle Netze fallen», erklärt Parvaresh. Unter den Hilfsbedürftigen sind zusehends ältere Personen, die unter Armut leiden, Arbeitsmigranten aus Lateinamerika, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine oder Afghanistan. «Wir bringen Licht in ihr Leben.»

Unkonventionelle Hilfe

Der Verein Chrischtehüsli wurde 1991 als Reaktion auf die Drogenszene am Zürcher Platzspitz gegründet und hatte Pioniercharakter. In einer Zeit, in der traditionelle Hilfsangebote an ihre Grenzen stiessen, übernahmen Emmanuel und Hanna Parvaresh-Glauser eine missionarische Aufgabe: Sie boten direkte, unkonventionelle Hilfe an durch Gebet, persönlichen Kontakt und diakonische Unterstützung.