Für den Thurgauer Kirchenrat Paul Wellauer ist die radikale Lösung «eigentlich nicht radikal genug». Seine Landeskirche ordiniert bereits jetzt Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone und setzt sie als Stellvertretungen im Pfarramt ein. Taufe und Abendmahl sind jedoch den Theologen vorbehalten.
«Entscheidend für Seelsorge und Verkündigung sind die Kompetenzen, nicht der Bildungsweg», sagt Wellauer. Ein Hochschulabschluss dürfe nicht mehr wert sein als die langjährige Arbeit in der Kirchgemeinde.
Ein cleverer Weg
Esther Straub widerspricht. Die Zürcher Kirchenratspräsidentin präsidiert die Konkordatskonferenz und war an der Entwicklung des Plans beteiligt. Die Durchlässigkeit zwischen Sozialdiakonie und Pfarramt verschiebe nur das Problem, längst habe der Fachkräftemangel auch soziale Berufe erfasst. Zudem werde die Diakonie entwertet: «Sozialdiakoninnen sind keine Schmalspurpfarrerinnen, sondern gut ausgebildete Berufsleute.» Wollten sie ins Pfarramt wechseln, stehe ihnen der reguläre Bildungsweg offen. «Kirchliche Berufserfahrung allein qualifiziert nicht für das Pfarramt.»
Der «Plan P» ist für Straub ein «sehr cleverer Weg», um eine Personallücke zu bewältigen: Die Kirche rekrutiere engagierte, gut ausgebildete Mitglieder, die sich in säkularen Berufsfeldern bewährt hätten und «ihre Erfahrung und Reflexion der Kirche zur Verfügung stellen».
Sozial dank Altersgrenze
Nach der Pensionierungswelle dürfte sich die Lage entspannen, zudem führt der Mitgliederschwund zu einem Stellenrückgang. Vertretungen durch pensionierte Theologinnen und Theologen dämpfen den Pfarrmangel bereits. Die Zahl der Theologiestudierenden hat sich auf tiefem Niveau stabilisiert.
Ausbezahlt hat sich auch die Möglichkeit, mit Hochschulabschluss und Erfahrung im Beruf schneller Theologie zu studieren. Den Weg ins vollwertige Pfarramt soll der «Plan P» nicht gefährden, weshalb eine Altersgrenze von 55 Jahren gilt. Zum Quereinsteigerstudium sind nur jüngere Personen zugelassen. Zudem soll die Sozialverträglichkeit gewährleistet bleiben, da Personen ohne Theologiestudium keine Wahlfähigkeit erhalten und sich nicht auf reguläre Pfarrstellen bewerben können. Dafür will die Kirche sie bis zur Rente beschäftigen.
Unverzichtbares Studium
Obwohl der «Plan P» als Notfallszenario deklariert ist, lanciert er eine Grundsatzdebatte. Während Wellauer die «Zukunft der Kirche interprofessionell und regional» sieht und sagt, das Universitätsstudium dürfe für das Pfarramt «kein sine qua non sein», hält Straub entschieden am akademischen Bildungsweg als Bedingung fest: Dass Pfarrerinnen und Pfarrer die Gemeindeleitung theologisch verantworten, sei «für die reformierte Kirche unverzichtbar».
Noch können die Kirchen Verbesserungsvorschläge einbringen. Im Juni wird die Konkordatskonferenz eine Vorlage verabschieden, die von den Synoden der Mitgliedskirchen abgesegnet werden muss. Wird tatsächlich eine Mangellage ausgerufen, können im Herbst nächsten Jahres die ersten Personen nach «Plan P» angestellt werden.