Dieser Einblick ist schon spektakulär: Zu fünft hängen sie da, in der Glockenstube hinter dem grössten Zifferblatt Europas. Die Sonne wirft ihre Strahlen durch die Rippen der Fensterläden und lässt sie grünlichblau erschimmern. Rund 11 Tonnen klingender Bronze, 1880 von Jakob Keller gegossen. «Ehre sei Gott in den Höhen» steht auf der riesigen Totenglocke, die jeweils nach sieben den Sonntag ausläutet. «Friede auf Erden» lautet die Botschaft der Rufglocke, die jetzt um 11:01 anfangen sollte zu schlagen.
Aber das Geläut von St. Peter ist abgeschaltet, denn es wird gerade in ein «Geleise» verwandelt. «Geläut kommt ja von laut, aber wir wollen das Laute weghaben.» Am Werk ist hier der Klangkünstler Peter Conradin Zumthor, genannt Pez, der Perkussionist ist auf der Suche nach dem richtigen Zusammenspiel leiserer Töne. Und beinah hat er es gefunden. Jetzt fehlt nur noch der letzte Probelauf (Video). Als die fünf altehrwürdigen Damen zusammen zu singen beginnen, lächelt er erst und horcht dann ganz demütig.
Wenn die Glocken grooven
Der Schlagzeuger aus Haldenstein GR ist begeistert vom Schlaginstrument Glocke: «Der chaotische Groove, den so ein Geläut macht, ist der Hammer», sagt er. Chaos? Ja, denn: Wann der Klöppel auf die Glocke trifft und in welchen Abständen, ist nie völlig kontrollierbar. «Und vor allem entwickeln diese Riesendinger, einen ungeheuren Schalldruck, mitten in der Stadt.» Da strahlt sein Perkussionistenherz. Doch PEZ findet eben auch, man müsse die klingenden Giganten für einmal sanft anschlagen: «So nach Hundert Jahren hat eine Glocke das Recht, einmal anders zu klingen», grinst er.
Und fügt an: «Wenn etwas leiser ist, hat es eine andere Poesie, vielleicht mehr». Was ihn am meisten fasziniert, ist: der Klang des letzten Schlages, dieses Nachschwingen ohne Unterbruch. Was bleibt, ist ein Summen, das langsam verstummt. Danach trachtet er, den Klang will er erreichen, verlängern: «Alle Glocken sollen nur noch tönen, wie nach dem letzten Schlag.» Dafür muss er die Klöppel-Attacken aus dem Geläut herausoperieren. «So entsteht ein Orgelsound, ein Gedröhne, eine Art Gongorchester.»