Gretchenfrage 04. Juli 2022, von Mayk Wendt

«Aus dem All ist die Erde überwältigend schön»

Claude Nicollier

Der Schweizer Astronaut über Kräfte, die nicht Materie sind, die zerbrechliche Erde und die nächste Reise zum Mond – auf der vielleicht eine Schweizerin dabei sein werde.

Wie haben Sies mit der Religion, Herr Nicollier?

Es gibt nicht nur Atome und Vakuum. Im Universum gibt es Kräfte, die nicht Materie sind.

Wie lassen sich diese Kräfte umschreiben?

Man könnte sie beispielsweise als Schöpfungskräfte bezeichnen.

Was macht eine Reise ins Weltall mit dem Menschen?

Einige der Astronauten wurden anschliessend sicher religiöser. Die unglaubliche Schönheit der Erde ging uns aber allen sehr nah.

Können Sie sich noch an das Gefühl erinnern, als Sie die Erde zum ersten Mal aus dem Weltall sahen?

Ich musste feststellen, dass die Erde sehr klein ist. In rund eineinhalb Stunden konnten wir sie umrunden. Das taten wir circa 16-mal am Tag. Und sie ist wunderschön, aber auch zerbrechlich.

Wir sollten auch nicht an Flucht denken, sondern lieber mehr Sorge zu unserer Erde tragen.

Sie ist schön trotz der Kriege und Naturkatastrophen?

Man kann aus dem Weltraum die Narben sehen, die der Mensch seinem Heimatplaneten zufügt. Buchstäblich. Aus dem All betrachtet, gibt es keine Landesgrenzen, dennoch gibt es Krieg auf Erden. Aber trotz allem: Die Schönheit der Erde ist überwältigend.

Ist denn eine Flucht beziehungsweise ein Auszug vom Planeten Erde überhaupt möglich?

Ich glaube nicht an die Kolonisierung des Mars wie Elon Musk. Er ist besessen von der Idee, dass sich der Mensch im Universum ausbreiten muss. Wir werden vieles erkunden, nicht aber besiedeln können. Wir sollten auch nicht an Flucht denken, sondern lieber mehr Sorge zu unserer Erde tragen.

Und Reisen zum Mond? Wird es wieder eine solche Mission geben?

Ja, Reisen zum Mond wird es bald wieder geben. Es wird schon lange daran gearbeitet. Es wird auch eine Frau dabei sein – vielleicht eine Schweizerin.