Meinung 12. März 2024, von Felix Reich

Religionen lassen sich nicht spalten

Kommentar

Das Virus des Antisemitismus mutiert in unterschiedlichen Kontexten und zersetzt die Gemeinschaft. Im Kampf dagegen sind Politik und Gesellschaft, Kultur und Religionen gefordert.

Minderheiten sind Seismografen der Gesellschaft. Der Umgang mit ihnen ist der Prüfstein einer freiheitlichen Gesellschaft. Die Messerattacke auf einen Juden, der nur dank des mutigen Eingreifens von Zeugen überlebt hat, ist ein Angriff auf das friedliche Zusammenleben. 

Die brutale Tat vom 2. März bedeutet eine Zäsur, doch ganz ohne Ankündigung kommt die Eskalation leider nicht. Extremistische Kräfte, die Jugendliche in die Falle der ideologischen Verblendung locken, verfügen mit sozialen Medien und Videoportalen über global einsetzbare Instrumente. Mit den Mitteln der Überwachung und Prävention gilt es Radikalisierungen zu erkennen und zu verhindern. 

Problem nicht abschieben

Das grössere Problem ist jedoch das Virus des Antisemitismus. Es mutiert in verschiedenen kulturellen, politischen und religiösen Kontexten.

Das Virus führt in die Katastrophe, das zeigt insbesondere die europäische Geschichte. Es wäre deshalb so bequem wie falsch und gefährlich, das Problem allein an den Islam und die arabische Kultur zu delegieren. Antisemitismus ist keine Meinung, Antisemitismus ist ein Verbrechen. Egal, wie er sich gerade verkleidet.

Radikalisierung erkennen

Im Kampf gegen das Virus sind alle gefordert: Zivilgesellschaft, Politik, Kultur, Sport, Schule und Kirche. Es braucht den Mut zu widersprechen und Begegnungen, die Vorurteile abbauen.

Die Religionsgemeinschaften gehen auf diesem Weg voran. Der Interreligiöse Runde Tisch im Kanton Zürich hat «die Prävention von religiös motiviertem Fanatismus als dringliche Aufgabe der Religionsgemeinschaften» anerkannt.

Zeichen der Hoffnung

Am 10. März setzten jüdische und muslimische Gemeinschaften mit einer Menschenkette auf dem Lindenhof ein berührendes Zeichen des Zusammenhalts und Mitgefühls.

Der interreligiöse Dialog ist kein Schönwetterprogramm. Er verhindert den Import von Konflikten, stärkt das Vertrauen und wahrt den religiösen Frieden.