Am 2. März hat ein 15-jährger Schweizer mit tunesischen Wurzeln einen orthodoxen jüdischen Mann in Zürich mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Der mutmassliche Täter befindet sich in Untersuchungshaft. Vor seiner Attacke hatte er sich in einem Video als Angehörigen des Islamischen Staats (IS) bezeichnet und zu Angriffen gegen Juden und Ungläubige aufgerufen. Das schwer verletzte Opfer befindet sich unterdessen ausser Lebensgefahr. Miryam Eser Davolio, Professorin für Soziale Arbeit am Institut für Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, ist Expertin für Extremismus, Radikalisierung und Jugendgewalt, dazu für Migration und Integration. Im Gespräch mit «reformiert.» beantwortet sie Fragen rund um diese Tat.
Es ist davon auszugehen, dass die Messerattacke in Zürich im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza erfolgte. Ist diese Vermutung plausibel?
Ja, davon ist auszugehen, auch wenn man es noch nicht wirklich weiss. Der Krieg in Gaza zwischen Israel und der Hamas weckt starke Emotionen, und die muslimischen Nachrichtensender verstärken diese Gefühle, indem sie antiisraelische und antiwestliche Narrative verbreiten. Hinzu kommen die Kriegsbilder, die das Leid der eingepferchten und bombardierten Menschen im Gaza-Streifen zeigen. Das führt bei vielen Menschen zur Solidarisierung mit den zivilen Opfern des Krieges. Ganz besonders auch bei Muslimen, die mit ihren palästinensischen Glaubensbrüdern und -schwestern mitleiden.