Mit dem Imam bei den Katholiken

Schlusspunkt

Kann das gut gehen? Ein Imam und ein Reformierter feiern in einer katholischen Kirche Gottesdienst

Ob das gut kommt? Aus Freude am FC Religionen hat der Pfarreileiter der katholischen Kirche Sempach einen Imam und mich in seinen Gottesdienst eingeladen. Wir sollen im Predigtteil vom Zusammenspiel von Imamen, Pfarrern und Rabbinern erzählen. Je näher der Sonntag rückt, desto mehr Wünsche flattern mir ins Haus.

Ich soll eine Fürbitte formulieren. Und ob vielleicht eine muslimische Variante möglich wäre? Auch eine Lesung zweier verwandter Stellen aus Bibel und Koran wäre schön. Die Fürbitte schreibe ich am späten Samstagabend. Zum Herumfeilen bleibt keine Zeit. Wird schon gut gehen. 

Schöne verkehrte Welt

In der klassizistischen Kirche angekommen, realisiere ich, was mich erwartet. Ein Gottesdienst mit Abendmahl, Ministranten, das volle Programm. Ich weise schüchtern nochmals darauf hin, dass ich Journalist und kein Pfarrer bin. «Wir machen die Mitwirkung nicht am Amt fest», lautet die Antwort. Der katholische Gastgeber ruft mir das reformierte Priestertum aller Gläubigen in Erinnerung. Schöne verkehrte Welt.

Wir machen ab, wer wo steht während der Feier, und vereinbaren eine Pause zwischen der muslimischen und der christlichen Fürbitte, damit klar bleibt, dass sich zwei verschiedene Religionen begegnen. 

Ein bisschen Pfingsten

Die Messe wird wunderbar. Der Gesang des Chors, die Gastfreundschaft in der Eucharistie, wo die Christen natürlich unter sich bleiben. Und dann die vom Imam arabisch gesungene Bitte, dass Gott uns nicht vergisst, wenn wir ihn ver­gessen. Plötzlich merke ich, dass ich meine Fürbitte gar nicht mehr an­ge­schaut habe. Nun ist es zu spät. «Herr, gib uns die Kraft, die Angst auszu­halten: die Angst vor den Fundamentalisten und vor der Verunsicherung, die sie säen wollen. Gib uns die Kraft, Grenzen zu setzen, wenn Menschen ausgegrenzt werden. Stecke uns an mit deiner Liebe, die keine Grenzen kennt.»

Während ich lese, spüre ich: Genau das will ich hier und jetzt sagen. Wir brauchen mehr Mut, das Miteinander auszuprobieren – ob auf dem Fussballfeld oder in der Kirche. Wir entdecken Gemeinsamkeiten und stossen an Grenzen. Fromm und frei machen wir weiter und lassen uns von Gott überraschen. Keine Angst: Sein Geist wirkt.