Auf dem Weg zum Interview mit Pfarrer Bernhard Stief passiere ich einen Ort, der seit 2009 die Blicke vieler Passanten auf sich zieht. An einer riesigen Wand in einer Baulücke prangt das farbenfrohe Bild von Michael Fischer-Art. Das 300 Quadratmeter grosse Werk zeigt Wimmelmotive wie Szenen von Montagsdemonstrationen oder flüchtende DDR-Bürger im Comic-Stil. Doch bald wird es hinter einem Hotelneubau verschwinden. Werden eines Tages auch die Erinnerungen an die historischen Wendetage von 1989 in Leipzig verblassen?
Die Erinnerungen wachhalten
«Nein, ganz und gar nicht», sagt Pfarrer Bernhard Stief, als er mich in seinem Pfarrbüro im Predigerhaus am Nikolaikirchhof 4 empfängt. Er hat viel zu tun. Die Medien wollen wissen, wie er die Herbsttage vor 35 Jahren hier erlebt hat und wie die Stadt und die Nikolaikirche das Erbe dieser Revolution weiter pflegen. «Der 9. Oktober ist ein Tag, der immer gefeiert wird, egal auf welchen Wochentag er fällt», betont er. Er zählt ein beeindruckendes Netzwerk von Institutionen auf, die mit Ausstellungen, Führungen und vielem mehr die Erinnerung an die Herbsttage 1989 wachhalten.