Es passierte nachts. Bernhard Hanel wachte in seinem Hotelzimmer im altehrwürdigen Hotel Waldhaus in Sils Maria im Engadin auf und hatte eine Vision. Er setzte sich an seinen Laptop und sicherte sich sofort die Domain «World Child Forum», denn vielleicht, so dachte er damals, entsteht ja was daraus.
Das war vor drei Jahren. Heute steckt Bernhard Hanel mitten in dEs passierte nachts. Bernhard Hanel wachte in seinem Hotelzimmer im altehrwürdigen Hotel Waldhaus in Sils Maria im Engadin auf und hatte eine Vision. Er setzte sich an seinen Laptop und sicherte sich sofort die Domain «World Child Forum», denn vielleicht, so dachte er damals, entsteht ja was daraus. Das war vor drei Jahren.
Heute steckt Bernhard Hanel mitten in den Vorbereitungen für die dritte Durchführung des World Child Forum (WCF) in Davos, während das World Economic Forum (WEF) nach seinem Jahrestreffen seine Zelte bereits wieder abbricht. 180 Kinder und Jugendliche aus 40 Nationen sind letztes Jahr angereist, darunter sogar Indigene vom Amazonas. Die Idee dahinter: Kindern eine Stimme zu geben und ein Gegengewicht zum WEF zu etablieren.
Ein Traum erfüllt
Den Anstoss dazu gab ihm das Buch «COVID-19: Der grosse Umbruch» von Klaus Schwab, das dieser am Anfang der Corona-Pandemie publiziert hatte und das damals kontrovers diskutiert wurde. Er hatte es mit im Gepäck für seinen Aufenthalt im Hotel Waldhaus – ein alter Traum, den ihm Freunde zum Geburtstag verwirklicht hatten. Klaus Schwabs Thesen, dass sich Wohlstand für alle Menschen und der Schutz der Natur nur durch Leitplanken und Expertenwissen herbeiführen lasse, stünden, so fand Hanel, diametral zu allem Lebendigen.
Kinder, so Hanel weiter, seien näher am Wesentlichen dran und hätten, würde man sie ganz sie selbst sein lassen, einen vorurteilsfreien Blick auf die Welt. Diesen Blick, so Hanel, sollten auch die Entscheider einnehmen, um wirklich neue, nachhaltige Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit finden zu können. «Deshalb ist die Stimme von Kindern wichtig. Das WCF bietet dazu die Plattform.»
Tavolata statt Apéro riche
Nach Davos kamen die Kinder und Jugendlichen dank Hanels globalem Netzwerk. Mit einem Team von Freiwilligen organisierte er für die Teilnehmenden aus allen Erdteilen Visa und erledigte Einreiseformalitäten. Untergebracht waren die Kinder in der Davoser Jugendherberge. Der Tagungsort des Weltkinderforums ist derselbe wie der des Weltwirtschaftsforums: das Davoser Kongresshaus. Anders sind die Formate.
Statt Podiumsdiskussionen und Referate gibt es Sitzkreise und Gruppendiskussionen, gemeinsames Tanzen und Musizieren. Anstelle von Apéros riches und Business Lunches verpflegen sich alle an der langen Tavolata. Und statt Verträge und Abkommen zu unterzeichnen, stehen Fragen zur Diskussion wie: Wann werden wir wirklich Geschlechtergleichheit haben? Wie lernen wir emotionale Intelligenz? Wie können wir Räume für alle Menschen schaffen?
Alles Fragen, auf die es am WCF im Juli Antworten geben wird? Hanel nimmt einen Schluck von seiner heissen Schoggi und blickt in die Halle seines Lieblingskaffeehauses, der «Mitte» in Basel. Es ist Mittwochnachmittag. Kinder aller Altersstufen tummeln sich im Lokal, während ihre Mütter und Väter rundum an ihren Tischen sitzen und Kaffee trinken.
«Das WCF will keine Lösungen präsentieren, vielmehr Prozesse in Gang setzen», erklärt er. Und mit Prozessen kennt sich der Kulturdesigner und Gestalter von öffentlichen Räumen aus. «Als Künstler lernt man, nicht nur das Ergebnis im Blick zu haben. Es geht darum, dem eigenen Prozess zu vertrauen, aber auch von Anfang an das Scheitern miteinzubeziehen.» Hanel vergleicht das Vorgehen mit dem freien Spiel der Kinder, bei dem sie lernen, sich und die Welt zu erkunden, sich mit ihr zu verbinden.
Von Basel nach Davos
Hanel schultert den Rucksack. Im Tram geht es zum Allschwilerplatz auf einen seiner konzipierten Spielplätze in Basel. Das Besondere daran: die mit einem Diamantbohrer bearbeiteten Steine vom Felssturz in Bondo. Seit 27 Jahren kreiert er Freiräume für Kinder in der ganzen Welt, oft in Kriegsgebieten. Doch in keiner Stadt realisierte er so viele Spielplätze wie in Basel. Wobei ihm der Begriff Spielplatz nicht gefällt. «Spielplätze», so Hanel, «sind eine Bankrotterklärung unserer Gesellschaft.
Ein urbaner Raum muss so sein, dass ein Kind überall spielen kann, dabei Gefahren einschätzen lernt und dadurch Selbstbewusstsein aufbaut.» Mit der Auszeichnung «Kinderfreundliche Gemeinde» unterstützt zum Beispiel die Unicef ein Gemeinden darin, die UNO-Kinderrechtskonvention umzusetzen und im Gemeinwesen zu verankern.
Ursprünglich sollte das WCF in Basel, seiner Lieblingsstadt, stattfinden. Durch Zufall, «wie so oft bei Prozessen», lernte er den Bündner Alt-Nationalrat Andrea Hämmerle kennen, der ihn gleich mit dem Davoser Landammann bekannt machte und der ihn, wie Klaus Schwab, zum Weiterdenken inspirierte: «die Zusammenführung beider Foren zum World Forum». Der Prozess jedenfalls ist angelaufen.