Sie sind nun acht Monate Präsidentin des Kirchenrats. Was haben Sie in dieser Zeit gelernt?
Esther Straub: Dass ich auch einmal einen Tag in meiner Agenda blockieren muss. Viele Gemeinden treten auf mein Besuchsangebot ein, was mich sehr freut. Ich erlebe eine vitale, vielfältige Kirche.
Klingt das jetzt nicht viel zu schön, um wahr zu sein?
Der Mitgliederschwund ist eine Realität. Zur Wirklichkeit gehört aber auch, dass viele Gemeinden aktiv unterwegs sind. Sie gestalten mit Engagement das kirchliche Leben und sind ein wichtiger Ort für Familien und Jugendliche. Ohne Gemeinden keine Landeskirche.
Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine dauert an, dazu kommt der Gazakrieg nach dem Terroranschlag der Hamas. Inwiefern beeinflusst die Stimmung der Unsicherheit und Bedrohung Ihre Arbeit?
Sie hat unterschiedliche Auswirkungen auf ein Kirchenleitungsamt. Am präsentesten zeigt sie sich wohl im interreligiösen Dialog.
Ist der Dialog gefährdet?
Die Beziehungen unter den Religionsgemeinschaften sind in Zürich sehr stabil, der Austausch vertrauensvoll. Beeindruckt und auch ermutigt hat mich die von Juden und Muslimen organisierte Menschenkette auf dem Lindenhof nach der Attacke auf einen orthodoxen Juden. In welchem anderen Land wäre so etwas möglich? Der Angriff der Hamas und Israels Krieg in Gaza beschäftigen auch den Interreligiösen Runden Tisch im Kanton Zürich und bewogen ihn dazu, häufiger zu tagen und noch intensiver miteinander im Austausch zu sein.