Frau Sancar, was ist Friede?
Annemarie Sancar: Friede ist nicht einfach kein Krieg. Friede ist auch kein Zustand, sondern ein Prozess. Das heisst: Am Frieden muss man dauernd arbeiten. Und dies ausgehend vom Kontext, in dem wir uns für ein friedliches Zusammenleben einsetzen. Frieden ist nicht etwas, das man einmal erreicht, und dann bleibt es für immer so. Denn die Bedingungen ändern sich.
Sagen Männer und Frauen das Gleiche, wenn man sie fragt, was Friede ist?
Ich würde das nicht so absolut auf zwei Geschlechter zuspitzen. Was man aber aus der Forschung sagen kann, ist, dass sich bei Abstimmungen zu Themen wie Rüstungskäufen und Waffengesetzen Unterschiede zeigen: Tendenziell sind mehr Männer für und mehr Frauen gegen Aufrüstung. Weil aber unsere Gesellschaft insgesamt stark patriarchal geprägt und dominiert ist, schwingen viele Frauen im patriarchalen Modus mit. Denn es fehlen oft alternative Formen des Denkens und Handelns.